United we stand: Wie das Publikum das Theater unterstützen kann.
Verpflichtende Corona-Tests, Maskenpflicht oder Tagebuch – in den letzten Wochen und Monaten haben sich die verschiedenen Häuser so einiges einfallen lassen, um Covid19 die Stirn zu bieten. Mit Erfolg. Bisher hat sich im Bundesland Salzburg noch kein einziger Zuschauer im Theater mit der Pandemie infiziert. Trotzdem wird jetzt pro forma allen der Zuschauerstrom abgestellt.
Noch nie war es so sicher ins Theater zu gehen
Vorbei sind die Tage, als man auch mit Erkältung eine Vorstellung besuchte. Wird schon nicht so schlimm sein, redete man sich ein. Also schnell noch ein Hustenmittelchen eingeworfen, Nasenspray gezückt und sich in den extra warmen Rollkragenpullover gekuschelt. Erkältungen im Anfangsstadium haben den Vorteil, dass man sie niemanden an der Nasenspitze ansieht. Dumm halt nur das schlechte Gewissen, wenn man dann heimlich schniefend in der Vorstellung saß und sich zwei Stunden später fragte, ob der nichtsahnende Sitznachbar, die nichtsahnende Sitznachbarin wirklich noch virenfrei sein kann?
2020 gilt die Schuldsvermutung – deshalb käme aktuell niemand auf die Idee, auch nur mit der Ahnung einer Erkältung ins Theater zu gehen. Es droht der gesellschaftliche Pranger und einen Cluster zu verantworten, ist auch kein sehr schöner Gedanke. Andere, außerhalb der Zuschauerreihen eines Theaters, haben diese Bedenken nicht. Da werden lustig Quarantäne-Bestimmungen ignoriert, Feiern ohne Wenn und Aber stehen an der Tagesordnung und sich im Urlaub die Sonne auf den bleichen mitteleuropäischen Bauch knallen zu lassen. Am besten noch dort, wo der Virus gerade besonders stark grassierte. Als sich die Kultur penibel an alle Auflagen hielt, sorgten diese anderen also dafür, dass ein zweiter Lockdown erforderlich wurde.
Apropos. Alle reden von Lockdown Light. Ist das so wie mit Cola Light? Jeder weiß, dass das Zuckerwasser mit dem „Light“-Zusatz doch eigentlich viel schädlicher für die Gesundheit ist als das Original. Wäre nicht Lockdown Bronze besser? Dem könnte die Politik dann auch noch irgendwann ein Silber, Gold und – dem Himmel sei’s getrommelt und gepfiffen – gar ein Diamant folgen lassen!
Nachschlag dringend erbeten
Jetzt ist der Lockdown Teil 2 also da. Veranstaltungen sind vorerst verboten. Das ist schade, weil gerade in den letzten Wochen schien im Publikum ein besonderes Gefühl der Loyalität aufzuflammen. Wir gehen ins Theater und lassen uns selbst vom Mundnasenschutz die Begeisterung nicht verleiden.
Hier muss aber gar nicht Schluss sein. Selbst ist das Publikum, warum sich das Opium also so einfach aus der Hand klauen lassen. Während Gastro und Handel auf Online-Bestellungen umsteigen und mit Lieferservice punkten, schon mal daran gedacht, mit Aufhebung dieses Lockdowns noch eifriger ins Theater zu gehen (selbstverständlich unter Einhaltung aller dann geltenden Bestimmungen)? United we stand! Das klingt jetzt gerade vielleicht etwas pathetisch, aber Theater begleitet uns schon seit circa 2.000 vor Christus – aus guten Gründen. Theater spiegelt die Zeit, übt Kritik, bietet Zerstreuung und verbreitet kluge Denkansätze, gute Laune und Glücksgefühle sowie Schauer und Beklemmung in rauen Dosen. Kurzum, es rührt an den Emotionen und besitzt die Macht, Dinge zu verändern.
Höchste Zeit, den tatsächlichen Wert der Kultur anzuerkennen. Weil eines steht fest, so ein Mauerblümchen-Dasein mit direktem Draht zum Hungertuch hat das Theater nicht verdient. Deshalb liebes Publikum, Augen zu und durch: Es winkt ein hoffentlich sehr theaterlastiger Dezember. Das ist die Chance, Hashtags wie #kauflokal solchen wie #gehinstheater folgen und viral gehen zu lassen.
Zwischenzeitlich gilt, kalter Entzug muss nicht sein. Es gibt Alternativen. Die ARGEkultur beispielsweise stellte ihr Open Mind Festival 20 auf online um. Bereits gekaufte Tickets können in Streaming Tickets umgetauscht werden. Das Spielbar Ensemble lädt aktuell zur White Zone – Die Tage danach. So gewappnet übertauchen wir die Zeit bis Dezember im Nu.
Weitere online Veranstaltungshinweise für November bekannt? Schreibt mir unter info@whatIsawfromthecheapseats.com – ich stelle sie gerne hier online.