Chanson | ohnetitel

Chanson – ohnetitel

Tapetenwechsel im Salzburger Leerstand

»Chanson« als Spiegel unserer Zeit: Theater ohnetitel nimmt das berühmte Genre mit der gleichnamigen Produktion unter die Lupe.

Ein Abend rund ums Chanson und das ganz ohne Musik? Theater ohnetitel macht’s vor. Mit »Chanson« erobert das Kollektiv derzeit einen Salzburger Leerstand. Wo früher in einer Filiale einer bekannten Drogeriekette Körpercremes, Toilettenpapier und Schnickschnack über den Ladentisch gingen, wird nun literarische Chanson-Beschau betrieben. Was bleibt übrig, wenn man die Wörter und das Zwischen-den-Zeilen aus den bekannten und weniger bekannten Titeln ihrer Zeit herauslöst?

Auf drei Bühnen präsentiert die Performance »Chanson« ihre Erkenntnisse. Und wird dabei noch um das bereichert, was das Publikum selbst daraus destilliert. Es ist ein eng getakteter Abend, ganz im Zeichen der 50er, 60er und 70er Jahre. Diese drei Jahrzehnte dienen als Paradebeispiele und werden auf ebenso vielen Bühnen präsentiert (Raumidee: Arthur Zgubic). Von poetisch über politisch bis hin zur Einswerdung mit dem Schlager, Chanson kann alles und noch so vieles mehr.

Die Bar in »Chanson«

Das Schauspieltrio Dorit Ehlers, Thomas Beck und Clemens Ansorg nähert sich dem Thema klischeebehaftet und dennoch feinsinnig. Die Barfrau poliert fleißig ihre Gläser, während sich in der Jukebox Paradebeispiele an Chanson-Figuren treffen. Das Ganze wird mit Bühnennebel garniert, so viel Dramatik muss sein (Konzept, Dramaturgie und Gestaltung: ohnetitel, Thomas Beck, Dorit Ehlers und Arthur Zgubic, Produktion: Sabine Jenichl).

Chansons auf dem Seziertisch

Im klinisch sterilen zweiten Raum, dem Hörsaal, werden die Protagonist:innen auf Laufbänder gebeten (Text Raum 2: Robert Stähr). Jetzt wird klar, hier liegen Chansons auf dem Seziertisch. Proteste, die erstaunlich zeitgemäß wirken. Chanson, so lernt das Publikum, ist immer en vogue.

Kokettieren mit dem Schlager

Der dritte Raum schließlich ist ganz den 70ern gewidmet. Mireille Mathieu flimmert über den Bildschirm, Hildegard Knefs Birke geht einmal mehr auf Wanderschaft. Zugleich wird die Doppelmoral offengelegt, wenn die Chansonnière als Schauspielerin über ihren Auftritt in »Die Sünderin« reflektiert. Natürlich nur akustisch. So viel Chanson muss sein. Darauf jetzt erstmal einen Eierlikör!

 

Fotonachweis: ohnetitel

Artikel zum Download in PDF-Format

Facebooktwitterredditpinterestlinkedinmailby feather

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.