Wer kennt es nicht, dieses Phänomen der völligen Orientierungslosigkeit, das für gewöhnlich die diversen und über das Jahr verstreuten Festivitäten betrifft? Weihnachten ist dabei vermutlich noch das geringste Problem; so groß kann die Vergesslichkeit gar nicht sein, als der 24. je untergehen würde. Weihnachten ist so eingebrannt wie der eigene Geburtstag. Als aufgeschlossene Europäerin ist mir selbstverständlich auch bekannt, dass manche Länder das gleiche Fest an anderen Tagen zelebrieren. Aber wer kann mir ad hoc darüber Auskunft geben, wann eigentlich genau Ostern ist? Es scheint, dass die diversen Anlässe gemeinsam mit allen anderen Feiertagen Purzelbäume schlagen, sobald die schulische und universitäre Ausbildung als beendet gilt. (Und sofern kein schulpflichtiges Kind in der Nähe weilt, das die nächsten Schulferien und die irgendwann anstehenden freien Tage bereits zu Ferienende des letzten Schuljahres verinnerlicht hat).
Das Ganze könnte jetzt als kleines Dilemma betrachtet werden, wenn nicht zumindest auf eine Instanz immer Verlass sein würde: Den Handel. Eigentlich nicht unbedingt darum bemüht, dem Kaufverhalten seiner KonsumentInnen eine klare Struktur zu verleihen, scheint es doch gerade diese Institution zu sein, die uns mental rechtzeitig auf die diversen Festivitäten vorbereitet. Durch exzessive Dauerbewerbung ist deshalb auch bereits zur Genüge bekannt, dass Valentinstag vor der Türe steht. Aber seit Kurzem bin ich auch voll darüber informiert, dass es „bald“ wieder ostern wird. Wobei „bald“ ein relativ dehnbarer Begriff zu sein scheint; immerhin fällt Ostern 2015 auf den 5. April (ja, ich habe mich mittlerweile informiert). Es tummeln sich momentan zwar noch keine Osterhasen in den Supermarktregalen, allerdings sind die allerersten Vorboten bereits gegenwärtig – die Löffeleier. Mein Herz jubiliert, meine Waage weint.
Gleichzeitig schäme ich mich fast ein bisschen. Bin ich wirklich so leicht zu manipulieren? Fast wie der Pawlow’sche Hund, der pünktlich mit dem Ton der Glocke zu sabbern beginnt, hat offenbar auch die Marketing-Strategie der Löffeleier – die es nur zu Ostern gibt – eingeschlagen. Und auch bei mir breitet sich wohlige Euphorie aus, wenn ich meinen Einkaufswagen neuerdings durch den Supermarkt schiebe. Aber nein, noch konnte ich widerstehen und habe die Löffeleier vorsichtshalber nur aus der Ferne bewundert. Der Vergleich mit dem Pawlow’schen Hund ist dann doch nicht ganz so schmeichelhaft. Immerhin weiß ich jetzt allerdings, dass demnächst Ostern sein wird. Und das ist auch schön. (Und in ein oder zwei Wochen gebe ich sicher auch der Löffeleier-Versuchung nach).
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