Whatsapp Stories | Kammerspiele Salzburger Landestheater (c) Tobias Witzgall

WhatsApp Stories – Salzburger Landestheater

„WhatsApp Stories“: Für die Salzburger Kammerspiele soll’s Emojis regnen!

Es ist grün, es glitzert – „Whatsapp Stories“, bist du es? Mit ihrem Ready-Made-Play über den beliebten Messenger-Dienst kehrt Ronnie Brodetzky zurück ans Salzburger Landestheater – und liefert ab.

Die israelische Autorin, die schon „Aquarium“ und „1000 Tutorials“ am Haus inszenierte, zieht mit der österreichischen Erstaufführung ihres Stücks und altbekanntem Team nach (Bühne & Kostüme: Ruth Miller, Choreografie: Tal Cohn). Das Ergebnis ist ein virtueller Ringelpiez, bei dem die Emojis tief fliegen und die Diskurse hohen Wiedererkennungswert besitzen: Ein amüsanter, aber zugleich ironischer Theaterabend, der ganz subtil Einblick in das Israel vor dem 7. Oktober 2023 gibt (Dramaturgie: Sarah Henker).

Heiterer Ausflug in eine andere Welt: „Whatsapp Stories“

Die hebräischen Popsongs im Vorfeld sorgen zwar für Partystimmung im eintreffenden Publikum (Musik: Tomer Katz), den Humor für ihre Inszenierung zieht Ronnie Brodetzky aber vor allem aus der Überhöhung des Alltäglichen. Die Regisseurin überführte scheinbar banale Whatsapp-Konversationen in ein Theaterstück und adaptierte sie für die österreichische Erstaufführung. Letzteres zum Glück nur in milder Fasson; das israelische Original bleibt greifbar und führt in eine spannende, fremde Welt, die der unseren – bis auf den militärischen Unterton – auffallend ähnlich ist.

Bitte anschnallen!

Ohne Zweifel, “Whatsapp Stories” hat ordentlich Pfeffer im Hintern und ist trotzdem erstaunlich stringent. Sechs Schauspieler:innen (Philipp Henry Brehl, Marco Dott, Tina Eberhardt, Larissa Enzi, Lisa Fertner, Abel Haffner) halten das Dialog-Feuerwerk persistent am Laufen. Elegant wechseln sie zwischen den klug verbundenen Szenen. Requisiten stehen ihnen dafür kaum zur Verfügung; das ist konsequent, schließlich ist auch das Tippen vor dem Handy ein statisches Unterfangen. Für Abwechslung und emotionale Wechselbäder sorgen stattdessen Nuancen in ihren Stimmen, vielsagende Blicke oder subtile Gesten. Je nach Bedarf kreieren sie in Makroszenen Komödien oder Tragödien, die das Zusehen zu einem ganz besonderen Erlebnis machen.

Whatsapp Stories: Grün, grün, grün ist meine Lieblingsfarbe

Pointiert gewählt ist auch der Lametta-Vorhang in XXL. Grün beleuchtet, stehen die grün bekleideten Protagonist:innen hadernd davor, spähen vorsichtig hindurch oder stürmen erregt davon. Ein Schelm, wer hier nicht an Whatsapp denkt – und sich selbst wiedererkennt, das Mobiltelefon lauernd umschleichen oder es genervt aus der Hand zu legen. Umso schlüssiger ist die Obsession von Bühnenbild und Kostümen mit der Farbe Grün: CI? Check!

Zu meckern gibt es nicht wirklich viel in „Whatsapp Stories“, zum Lachen und Reflektieren dafür umso mehr. Von der fidelen Yoga-Truppe (Philipp Henry Brehl erheiterte mit Sonnengruß im Publikum, Tina Eberhardt mit ihrem eindrucksvollen Rauswurf aus der Gruppe), über Uri im Dating-Dilemma (Abel Haffner), bei dem sein Gegenüber mit Schreibschwäche jeden Tippfehler genüsslich ins Publikum tönt (Philipp Henry Brehl), bis zur fanatischen Sicherheitsbeauftragten der Kindergartenmütter (Larissa Enzi), der zuerst süßlichen, dann genervten Ehefrau (Lisa Fertner) oder dem pädophilen Regisseur (Marco Dott). Sie alle sind nur ein Bruchteil dieses gelungenen Ganzen. Nachschlag dringend erbeten.

Fotonachweis: Salzburger Landestheater / Tobias Witzgall

 

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