KALAUER SICH, WER KANN.
When Harry met Milt – und der ihn an Helen verkuppelt. Am Kleinen Theater feiert der amerikanische Kalauer LIIIEBE! VERSUCH’S DOCH MAL MIT MEINER FRAU Premiere.
Manchmal erwartet Publikum eine temporeiche Komödie und manchmal erhält Publikum dann auch eine temporeiche Komödie – und weil das Kleine Theater in Salzburg die Bedürfnisse seiner Pappenheimer kennt, bricht besagtes Publikum bereits vor den ersten Worten in schallendes Gelächter aus. Die Vorschusslorbeeren sind nicht vergebens: Noch während Harry pedantisch versucht, sich von der Brücke zu stürzen, eilt ein sehr amerikanischer Amerikaner – nämlich Milt – herbei und rettet ihm mit großen Gesten und noch größeren Worten das Leben.
In aller Plot-Kürze
Für Harry ist in seinem Leben irgendwie nie etwas so richtig rund gelaufen. Seiner Existenz überdrüssig, will er sich deshalb vor der New Yorker Skyline in den Tod stürzen. Da trifft er zufällig auf seinen ehemaligen Schulfreund Milt und die beiden tauschen sich aus – über früher, über heute. Für Milt scheint alles großartig: Er ist erfolgreich, verheiratet und rundum zufrieden. Doch der Schein trügt. Milt hat eigentlich eine Geliebte und will sich von seiner kontrollsüchtigen Frau Helen trennen. Da kommt er auf die glorreiche Idee, den Lebensmüden mit der Übereifrigen zu verkuppeln. Der Plan geht auf – zumindest anfangs.
Kalauer sich, wer kann
LIIIEBE! VERSUCH’S DOCH MAL MIT MEINER FRAU ist eine witzig-böse, aber sehr leichte Komödie, die durch das Schauspieler*in-Team sichere Bodenhaftung erfährt (Regie: Torsten Hermentin, Bühne: Alois Ellmauer, Kostüme: Lili Pfeiffer). Jurek Milewski mimt den des Lebens überdrüssigen Harry mit so viel lähmender Pedanterie, dass ja, es vielleicht tatsächlich die beste Lösung wäre, würde sich Harry von der Brücke stürzen. Tut er zum Glück aber nicht, sondern erklärt Milt mit unerwartetem Elan seine diversen Krankheitsbilder, dass es schwer fällt, sich seines pathologischen Charmes zu entziehen. Gelungen die Verwandlung vom antriebslosen zum liebestollen Harry. Den Amerikaner in sich entdeckt Wolfgang Kandler in seiner Rolle als Milt. Mit großen Gesten, lauten Worten und noch imposanteren Taten buhlt er effektvoll um Aufmerksamkeit. Gönnerhaft will er Harry mit seiner Frau verkuppeln, machohaft-beleidigt stapft er als begossener Pudel zurück auf die Brücke. Slapstick-artig reihen sich die Episoden aneinander und führen durch einen heiteren Abend, bis zum Bersten mit Kalauern gefüllt.
Das Revival der Four Yorkshiremen
Zwischen den Herren, Helen – Judith Brandstätter gibt die gestrenge Ehefrau von Milt, die penibel über die ehelichen Zusammenkünfte Buch führt. Dass sie seit der Hochzeit ihrer Schwester nicht mehr miteinander geschlafen haben, nimmt sie sehr persönlich. Generell neigt Helen zu Kommando-Tönen und befehligt ihre Männer auf amüsante Weise quer über die Bühne. Mitunter neigt sich auch zu humorigem Philosophentum: „Hätte ich Harry nur lieben können, als ich Harry noch lieben hätte können“ – oder so ähnlich.
Amerikanischer Humor ist mitunter plakativ, in LIIIEBE! geht er allerdings fremd und unternimmt einen heimlichen Ausflug nach Großbritannien. Ganz offensichtlich ließ sich Autor Murray Schisgal vom sehr bekannten Sketch der FOUR YORKSHIREMEN inspirieren: Harry und Milt vergleichen mit Feuereifer ihre traurigen Kindheiten und versuchen sich in Schikanen zu überbieten, die auch das britische Original erfreuen würden. Das „You were lucky! Aye. In them days, we’d a‘ been glad to…“ der Four Yorkshiremen klingt selbst in der deutschsprachigen Inszenierung noch konspirativ nach.
New York, New York
Vor der Skyline New Yorks entfaltet sich die amerikanische Komödie aus deutscher Inszenierungsfeder, die nicht unbedingt in die Tiefe geht, dafür aber die Oberfläche beherrscht. Das Schauspiel-Ensemble verleiht den einzelnen Charakteren differenzierte Nuancen und bewahrt gemeinsam mit Torsten Hermentins Regiearbeit den Stoff vor dem endgültigen Abheben in vermutlich nicht ganz so ansprechende Sphären und noch leichteren Humor. Ein gar nicht so einfaches Unterfangen, dass dem versierten Termin aber selbstverständlich gelingt. Nur am Umweltbewusstsein darf die Inszenierung noch feilen – der Müllhaufen, der sich nach dem Stück hinter der Bühnen-Brücke befinden muss, dürfte stattlich ausfallen… 😉
Fotonachweis: Christian Treweller
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