Alles chic im GRAND HOTEL PALACE im Schauspielhaus Salzburg
Eve liebt den geld- und erfolglosen Alain und muss sich genau aus diesen Gründen einen vermögenden Liebhaber angeln. Jean, der Concierge, wird zu Eves Berater und lässt sich finanziell an den Ergebnissen beteiligen. Robert ist der von Jean ausgewählte vermögende Amoroso-Kandidat und mehr als willig. Trotzdem sollte Tochter Annabelle lieber noch nichts von seinen amourösen Ambitionen und dem generösen Geld-Geschenk des ersten Abends erfahren. Und dann ist da ja auch noch Annabelles eifersüchtiger Verlobter Arthur, der für mächtigen Wirbel an der Hotelbar von Bobby sorgt.
Zugegeben, die Zutaten zu Marc Camolettis Gaunerkomödie sind so mannigfaltig wie verworren und laufen kontinuierlich auf eine präzis platzierte Pointe zu. Christoph Bartscheider inszenierte den lustigen Kriminalreigen am Schauspielhaus und setzt dafür auf eine multifunktionale Bühne (Ausstattung: Isabel Graf). Die ist wirklich höchst effizient und oszilliert praktischerweise je nach Bedarf und Anschub zwischen Bar / Rezeption und Hotelzimmer. Tatsächlich ist sie so geschickt konstruiert, dass sich Annabelle und Alain mit ihr in einer der stärksten Szenen im Kreis drehen, einander suchend zurufen und doch erst nach mehreren Runden zueinanderfinden.
GRAND HOTEL PALACE ist ansprechend und humorvoll, alleine lässt die Stoff-Quelle ein wenig an Gedankentiefe missen. Dennoch bescheren die Intrigen und Verwirrungen des eifrigen Concierge einen ziemlich vergnüglichen Theaterabend, den engagierten Involvierten sei’s gedankt. Mächtig.
Wie so oft bei den Schauspielhaus-Produktionen wird nicht mit Tempo und noch weniger mit Stürzen gegeizt. So manches gequälte innere Aufstöhnen gilt es zu unterdrücken, wenn Arthur (Magnus Pflüger) tollpatschig durch die Kulisse stolpert oder Alain (mit sehr viel Verve Martin Brunnemann) aus dem Bett und lautstark über eine ziemlich unbequem aussehende Kante auf den Bühnenboden prallt. Ach was, knallt. Falls es mentale Blessuren vom reinen Zusehen gäbe, wüsste ich ein paar KandidatInnen, die sich nach so einer Vorstellung gerne gebeutelt eine Runde regenerieren möchten (u.a. moi und Freundin B.). Überhaupt ist vor allem Arthur auf Ungeschicklichkeit gebucht und setzt Pflüger seine Stolper-Fauxpas‘ hervorragend in Szene. Unsicher und pedantisch lässt sich der Gehörnte von seiner selbstbewusste Verlobten (Kristina Kahlert) lautstark und schlagfertig in die Schranken weisen. Die flirtet nämlich bereits mit dem Nächsten und frönt mit Alain den ganz großen Theater-Emotionen.
Die Rolle des neugierigen, allwissenden, kecken und impertinenten Concierge Jean scheint indes Olaf Salzer auf den Leib geschneidert. Unglaublich emsig und charmant, gleichzeitig aufdringlich und hartnäckig mischt sich der bemühte Hotelangestellte in das Privatleben seiner Gäste und versucht sie nach besten Kräften zu beeinflussen. Natürlich stets auf den eigenen Vorteil bedacht, immerhin ist er an Eves (Yael Hahn) finanziellen Erfolgen beteiligt. Vor allem Letztere benötigt dafür auch Jeans ungeteilte Aufmerksamkeit, da sie sich in ihrer Melancholie zu verlieren droht und sogar Marvin, den kleinen deprimierten Roboter aus „The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“, beinahe fröhlich erscheinen lässt. Immerhin Robert (Antony Connor) verbreitet Leidenschaft für zwei und umgarnt Eve höchst effizient. Herrlich seine Versuche, einen Heiratsantrag zu formulieren und gleichzeitig Jeans hartnäckige, ja, beinahe schon verzweifelte Bemühungen Robert von Eves Zugneigung zu überzeugen. Währenddessen beobachtet Barmann Bobby (chic Ute Hamm) diskret indiskret und gibt nur Auskunft gegen entsprechende Entlohnung. Singen kann er auch noch und das sogar ziemlich gut.
GRAND HOTEL verändert den Blick auf das vermeintlich unpersönliche Hotelleben. Bereits vor Camoletti faszinierte das Sujet zahlreiche bekannte (und vermutlich auch unbekannte) Autoren. Vielleicht sollte man sich also beim nächsten Hotelbesuch einfach einmal in die Lobby setzen. Es könnte die Geburtsstunde eines wirklich großen Romans werden. Nur beim allwissenden Concierge sei Achtsamkeit angeraten … 😉
Fotonachweis: Gregor Hofstätter // Schauspielhaus Salzburg
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