Es rappelt in der Kiste, es rappelt im kartOOOn!
Zauberhafte performative Kunst für die Allerkleinsten mit kartOOOn am Toihaus Theater in Salzburg.
Auf der Bühne treffen die kleinen Besucher*innen auf eine Frau und ihre Geige. Die zahlreich erschienen Jüngsten sind teilweise sogar so klein, dass sie ganz eigentlich von den Großen in den Zuschauerraum des Toihauses getragen werden. Jetzt sitzen sie also alle mit staunenden Augen da und warten neugierig auf den Vorstellungsbeginn. Das ist der Zeitpunkt, in dem die Frau (Gudrun Raber-Plaichinger) und ihre Geige die Szene betreten. Langsam und den einzelnen Besucher*innen zulächelnd, spaziert sie auf und ab. Die Geige fest unter das Kinn geklemmt, erkundet sie musikalisch ihr eigenes Instrument. Der ordentlich dahinter an der Wand aufgestapelte Karton-Berg fällt erst dann so wirklich auf, als die performative Geigerin beginnt, drei Schachteln größenmässig zu verstauen. Es wirkt ein bisschen so wie gigantisches, umweltfreundliches Tetris. Tick, tick, tick – hurra, eine Reihe erfolgreich vollendet. Zufrieden tritt die Performerin einen Schritt zurück und lässt wieder ihr Instrument erklingen. Dabei macht sie eine unglaubliche Entdeckung. Sie vermag nämlich seltsame Dinge mit ihrem musikalischen Spiel zu vollbringen. Wie auf ihr Geigen-Kommando lösen sich zwei Kartons aus der Reihe der bis dahin ordentlich gestapelten Schachteln und entwickeln ein höchst vergnügliches Eigenleben.
kartOOOn ist ein Theaterstück mit Musik, Tanz, drei Performer*innen, einer Geige und ziemlich vielen Schachteln für die Allerkleinsten ab 1,5 Jahren (Idee/Entwicklung: Mirjam Klebel, Choreographische Begleitung: Katharina Schrott, Komposition: Gudrun Raber-Plaichinger, Bühne/Kostüm: Ragna Heiny). Doch nicht nur die kommen dabei im Toihaus Theater auf ihre Kosten; auch die Großen scheinen sich zu amüsieren, wenn zwei der Kartons (Julia Schwarzbach, Nic Lloyd) plötzlich zu wandern beginnen. Zuerst kaum merklich, später offensichtlich. Dann entwickeln sie ihre eigene Sprache, die sich verdächtig nach Minions anhört. Das bunte Potpourri aus fremd klingenden Sätzen entpuppt sich bei näherem Hinhören übrigens als Kauderwelsch aus Deutsch, Englisch und Französisch. Das Ganze in eine hohe Tonlager transferiert: Lang leben die Minions! Das kommt an. Die Kleinsten der Kleinen kommentieren entzückt und fasziniert das Geschehen. Einige kleinkindlich gequietschte „Ja“s, „Nein“s und „Hoppala“s sind des Öfteren zu vernehmen, wenn die zwei noch gesichtslosen Schachteln ineinander laufen. Schließlich beginnen sie zu wachsen. So wie in den Märchen aus fernen Ländern der Flötenspieler die Schlange beschwört, übt sich G. Raber-Plaichinger an ihrer kartOOOn-Beschwörung. Schlangen sind auch wirklich so vorgestern. 😉 Alsbald taucht das erste Paar Füße auf. Aus der anderen Schachtel zwei Hände. Aber die Kartons wachsen weiter. In amüsanter Manier wackeln und spazieren sie in kleinen Schritten über die Bühne. Ehe sie sich voll entfalten und aus ihren kartOOOn-Kokons schlüpfen.
Jetzt schöpft kartOOOn aber erst so richtig aus dem kreativen Vollen. Die beiden Schachtel-Wesen und die geigende Performerin treiben allerlei Schabernack mit ihren eigenen und den anderen Schachteln. Sie kreieren neue Welten, bevor sie wieder alles über den Haufen werfen. Sie funktionieren das Bühnenbild in ein Wohnzimmer um oder demonstrieren stolz ihre kartOOOnlastigen Zaubertricks. Das Spiel-Potential mit den Schachteln scheint unermesslich. Die Kleinsten der Kleinen sind begeistert. Auch die Eltern kommen auf ihre Kosten. Und da verwundert es dann irgendwie auch gar nicht mehr, wenn man nach dem Stück selbst von dem unwiderstehlichen Drang befallen wird, ganz schnell in die nächste verfügbare Schachtel zu schlüpfen. Das verspricht nämlich wirklich ein Heidenspaß zu sein.
Fotonachweis: Toihaus Theater
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