Three Short Irish Plays – 4th International Flann O’Brien Conference, ARGEkultur

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Flann O’Brien Theaterabend (mit Lord Dunsany-Einsprengseln) an der ARGEkultur – der 4th International Flann O’Brien Conference und dem Liverpool-Irish Literary Theatre sei’s getrommelt und gepfiffen.

Wer im Theater die meiste Zeit mit Warten verbringt, wird am Ende ziemlich frustriert das Haus verlassen. Das scheint naheliegend, wenn, ja, wenn es sich nicht gerade um drei irische Kurzgeschichten handelt. Mit denen im Gepäck reiste das Liverpool-Irish Literary Theatre auf Einladung der 4th International Flann O’Brien Conference nach Salzburg – und Flann O’Brien verpflichtet, Chaos inklusive. Dass das Publikum trotzdem alles andere als verärgert reagierte, lag wohl nicht nur an der Bar im Obergeschoss, sondern am exzellenten Bühnenstoff mit den pointierten Sonderlingen im Rampenlicht.

Flann O’Brien war ein Meister seines Fachs, was die irische Post-Moderne, literarische Absurditäten und den Alkoholkonsum betraf. Genauso verrückt-anders kam THE DEAD SPIT OF KELLY in  der Inszenierung von David Llewellyn and Jade Thomson daher. Die Doppelrolle Murphy/Kelly (großartig alternierend Tom Galashan) zündet sich eine Zigarette an und erzählt von ihrem Problem: Die Polizei werfe ihm, Murphy, vor, Murphy als Kelly umgebracht zu haben. Unsinn, schließlich habe er, Murphy, doch Kelly beseitigt. Was sich bestenfalls verwirrend anlässt, ist steigerbar. Murphy redet sich jetzt nämlich erst so richtig in Rage. Konspirativ und in Pub-Erzähllaune berichtet der Verurteilte von Kelly und ergeht sich in Details von seiner Arbeit als Tier-Präperator.  Gregor-Samsa-Assoziationen drängen sich spätestens bei der morbiden Verwandlung auf – die fremde Haut hätte er sich vielleicht doch nicht überstülpen sollen… So abstrus die Fabel aus O’Briens Feder auch scheinen mag, sie ergibt erstaunlich viel Sinn – und wird von T. Galashan mit herrlich trockenen Humor geliefert.

THE GLITTERING GATE stammt zwar nicht aus der Feder von Flann O’Brien, sondern aus der von Lord Dunsany – dafür bleibt der Abend dem absurd-schrägen Genre verhaftet. Wieder ist es eine surrealistische Parabel ohne Moral, die ihre Lehre gerade aus der ostentativen Abwesenheit zieht, und mit gut überschaubarem Ensemble punktet. Zwei Säufer treffen sich am Tag ihrer Rechenschaft vor der Himmelstür. Der ist aber zumindest für den einen schon eine kleine Ewigkeit länger und Jim (zynisch-melancholisch und wunderbar demotiviert Tom Galashan) entsprechend frustriert. Das transzendente Portal ist mit lauter leeren Bierflaschen und hämisch-göttlichem Gelächter gepflastert. Anders Bill (naiv und voller überbordender Lebensfreude Isaac Nixon), der höchst motiviert mit Schusswunde im Kopf und „Rule, Britannia“ auf den Lippen herantorkelt. Was folgt ist ein neuerliches Pub-Geplänkel ohne Pub, aber randvoll mit gesellschaftlichen Spitzen. Das läuft geradewegs auf seinen Höhepunkt zu und implodiert selbst mit den einfachsten Mitteln erstaunlich eindrücklich.

Es sind die gesellschaftlichen Außenseiter, die Betrunkenen und ihre rhetorischen Spiele die Andrew Sherlock in THIRST ansprechend inszenierte: zwei notorische Pub-Archetypen, ein Wirt und ein Polizist nach der Sperrstunde. Was folgt ist eine wunderbar hyperbolische Anekdoten-Aneinanderreihung im Sinne der FOUR YORKSHIREMEN, mit dem Unterschied, dass sie in THIRST nur von einer Person zum Besten gegeben werden. Gerry Smyth ergeht sich als Mr. Coulahan so ausführlich in seinen Wüsten-Erlebnissen, dass nicht nur die Darsteller*in nach ihren Getränken greifen, sondern auch der eigene Schweiß ausbricht. Köstlich hängt ihm Julia (Jade Thomson) an den Lippen, immer eifrig am Bekreuzigen und Rosenkranz Beten. Peter (Isaac Nixon) hält sich da lieber an seinem Guinness fest und mischt sich staunend-einfältig ins Wort. Als staatliche Autorität führt der Sergeant (David Llewellyn) eisern seine Notizen – mit mysteriösen Längen-Tendenzen (offenbar ist im amtlichen Block gerade ein kleiner Roman in Produktion) – und widersteht den flüssigen Genüssen. Vorerst. Irgendwann drängt sich der Gedanke auf – Mr.  Coulahan habe genau diese Geschichten doch mit Absicht ausgepackt. Flann O’Brien hätte das vermutlich bejaht.

An so einem auf das Wesentliche reduzierten Abend bedarf es keiner großen Bühnenbilder – ein paar ausgediente Möbelstücke reichen. Die werden dafür umso liebevoller ein ums andere Mal vom Ensemble in puristischen Varianten und mit Hang zum Detail arrangiert – läuft. Das Resultat ist ein kurzweiliger Theaterausflug, der ein viel zu frühes Ende findet und der Leseliste zwei neue Namen beschert: Flann O’Brien und Lord Dunsany. Wir sind angefixt, aber wie.

 

Fotonachweis: 4th International Flann O’Brien Conference & Pexels

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