Gestern fand ich mich auf der Couch stehend über mein Handy streichend wieder. Für all jene, denen das jetzt merkwürdig vorkommt: Nein, das ist es nicht wirklich. Eigentlich wollte ich mir nur ein Buch aus dem Bücherregal angeln. Da das aber zu diesem Zeitpunkt durch einen Wäscheständer abgeschirmt ist und kein Stuhl dazwischen Platz findet, steige ich auf die Couch. Von dort balanciere ich auf die Lehne weiter und kann die oberen Regale der Bücherwand bequem erreichen. Nachdem ich den Text meiner Wahl gefunden habe, muss ich unvermutet ganz dringend eine Nachricht über mein Mobiltelefon posten. Das ist quasi unaufschiebbar; deshalb stehe ich auf dem Sofa und streiche emsig über das Display. Eine Sekunde später beginnt sich die Welt zu drehen. Aus tatsächlich unerfindlichen Gründen verliere ich das Gleichgewicht (mit dem ich es übrigens noch nie besonders hatte, man frage meine Yoga-Lehrerin) und beginne wild mit den Armen zu rudern. Wie durch Zufall falle ich in Zeitlupe gegen die Wand, Hinterseite voran (warum falle ich eigentlich immer in Zeitlupe? Auch bei einem Sturz von einem wirklich großen Pferd [Bosna, falls es wen interessiert] kann ich mich nur noch an den Zeitlupen-Modus erinnern; fast so, als würde mein Gehirn in brenzligen Situation auf ganz langsam schalten, damit es sich später hübsch wiedergeben lässt). Wer jetzt denkt, dass das eine gute Landung ist, der denkt falsch. Natürlich bin ich froh. Ich lande weder auf dem harten Boden, noch auf dem mit Büchern und einem Glas Wasser verstellten Wohnzimmertisch. Ersteres wäre schmerzhaft, letzteres fatal für die zahlreichen noch nicht konsumierten Texte, bei denen es sich teilweise um Leihgaben handelt. Während ich also einerseits aufatme, befällt mich – ich befinde mich noch immer im Sturzflug auf die Wand – plötzlich jähe Angst, dass ich das riesige Bild herunterreißen könnte, dass eben just dort hängt. Ich bin unendlich erleichtert, als ich auf reiner, leerer Wand aufpralle und langsam daran abwärts rutsche. Mein Sturz ist allerdings noch immer nicht vorbei; im gleichen Maße wie ich die Wand entlang gen Sofa gleite, bewegt sich das Sofa in die entgegengesetzte Richtung von der Wand weg und unvermutet lande ich doch noch rücklings und absolut verknotet auf der weichen Sitzgelegenheit. Immerhin ein sanfter Fall. Ich rapple mich auf, das Buch in der einen, das Handy in der anderen Hand. Dann sehe ich den hässlichen Streifen an der Wand, den meine Denim hinterlassen hat. Holy guacamole. – Dem Himmel sei Dank für Wandradierer. Mit dem Taschenlampenmodus vom Mobiltelefon bewaffnet, finde ich mich etwas später auf der Couch kniend und die Wand schrubbend wieder. So kann man seinen gemütlichen Feierabend natürlich auch ausklingen lassen.
by2015-07-01