Ich hätte tatsächlich nie gedacht, dass so etwas möglich ist, aber mein Gesicht fluoresziert. Genaugenommen fluoresziert es seit gestern Vormittag, als ich zu lange mit einer Freundin auf einer Café-Terrasse in der Sonne saß. Wer rechnet aber auch damit, sich am Vormittag für den Kaffeeklatsch mit Sonnencreme zu präparieren? Seit gestern Nachmittag ich, denn da bahnte sich bereits eine ziemlich prägnante rote Gesichtsfarbe ihren Weg auf mein Antlitz. Darüber wollte ich jetzt allerdings gar nicht berichten. Auch nicht davon erzählen, dass ich heute im Einkaufscenter auf lauter Gleichgesinnte getroffen bin. (Ich weiß, was ihr gestern gemacht habt). Eigentlich wollte ich mich anderen Dingen widmen. Was ist das Lieblingsgetränk der jungen, westlichen Population? Vermutlich Cola. Ich selbst habe mich bereits vor einer ganzen Weile davon distanziert und trinke die braune Flüssigkeit mit sehr hohem Zuckeranteil wirklich nur noch selten. Jetzt stelle ich den Konsum tatsächlich vollends ein. Die Ursache? Ich habe den Plan gefasst, mein Fahrrad zu entrosten. Die Assoziation hört sich seltsam an? Nein, das ist sie tatsächlich gar nicht.
Projekt: Fahrrad-Rost. Dafür machte ich mich zuerst im Internet schlau und traf auf immer den gleichen, leicht variierenden Tipp: Cola und Alufolie. Gut, das mit der Alufolie scheint mir entbehrlich. Schon der bloße Gedanken daran, erzeugt spontan Gänsehaut. Mit Alufolie zu scheuern ist ungefähr so anziehend, wie mit Fingernägeln über eine Tafel zu kratzen. – Letzte Woche habe ich die Cola besorgt. Vorgestern habe ich in einem schwedischen Möbelhaus irrtümlich noch einmal genau dieses Getränk konsumiert. Seit gestern finde ich das mehr als bedenklich, denn da habe ich den Cola Trick an meinem verrosteten Fahrrad exerziert. Und er funktioniert. Fabelhaft sogar.
Bewaffnet mit dem braunen Zuckergetränk, einem Küchenutensil (Drahtscheuer-Dings) und einem Handschuh mache ich mich auf den Weg zu den Fahrradständern. Mountainbike entkettet und ich bin startklar. Im Internet wird dauernd erwähnt, dass es mühsam sei, den Rost abzubekommen. Ist es nicht. Selbst in meinem Fall, den ich als ziemlich schwer rostlastig einschätze, ist es das nicht. Einfach den Drahtschwamm in die braune Flüssigkeit tunken, kräftig reiben und sich auf das Wunder einstellen.
Dunkelbraune Sauce bahnt sich folglich ihren Weg nach unten, läßt mich sprachlos Staunen und die Ameisen jubilieren. Ok, mitunter geht nicht nur der Rost ab, sondern wird auch die Lackierung in Mitleidenschaft gezogen, aber das sind kleine, einkalkulierte Risiken. Ich gebiete mir beim Schrubben selbst Einhalt – pianissimo. Nachdem eine halbe Literflasche geleert ist, beschließe ich, das Fahrrad mit Wasser zu säubern. Ich will schließlich keine Ameisenkolonien am Rahmen kultivieren und kippe stattdessen Wassereimer um Wassereimer über den selbigen. Das Ergebnis ist akzeptabel und lässt auch am nächsten Tag mein Herz noch etwas höher schlagen. Auf einmal ist das zweirädrige Fahrzeug auf den ersten, schnellen Blick beinahe wieder rostfrei.
Die finale Cola-Waschung ist bereits geplant. Danach wird das Fahrrad neu lackiert und dann sollte es eigentlich wieder für einen wirklich langen Zeitraum rostfrei bleiben. Danke Cola. Konsumieren werde ich dich allerdings nie wieder. Die menschliche Speiseröhre ist tatsächlich ein Wunderding und offenbar schmerzresistent, meine Gedanken sind es nicht. 😉
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