Best friends for ever ever.
Schaurig schön. In Salzburg sind die Vampire los: Christina Piegger bringt mit DER KLEINE VAMPIR den berühmten Kinderbuchklassiker ans Landestheater. Feine Sache.
Anton Bohnsack ist ein ziemlich normaler Junge. Er liebt Schauermärchen und Gruselfilme und in seinem Zimmer regiert das Chaos. Aber selbst ihm fährt der Schreck durch alle Glieder, als eines Nachts ein waschechter Vampir auf seiner Fensterbank sitzt und sich als Rüdiger von Schlotterstein vorstellt. Kein Grund zur Sorge. Rüdiger ist ein wirklich netter Vampir und obendrein ein ziemlich ängstlicher, der sich vor der Dunkelheit fürchtet. Statt auf Antons Blut hat er es außerdem auf dessen Freundschaft abgesehen. Da kann Anton schwerlich nein sage. Die beiden freunden sich an und Rüdiger nimmt Anton sogar mit in die hauseigene Familiengruft. Dort begegnen sie nicht nur der Schock verliebten Anna, sondern jeder Menge Abenteuer in Form der blutrünstigen Tante Dorothee oder Vampirjäger Geiermeier.
Happy Birthday „Der kleine Vampir“
Man sieht es ihm nicht an, aber Angela Sommer-Bodenburgs „Der kleine Vampir“ ist schon vierzig Jahre alt. Vierzig! Das entspricht übrigens auch dem Altersschnitt der Begleitpersonen vieler junger Besucher. Die sind vermutlich nicht ganz zufällig dabei, dürften einige von ihnen den Roman noch in der Verfilmung aus den Achtziger Jahren kennen. Jetzt ist das mit liebgewonnenen Serien immer so eine Sache, besonders wenn Nostalgie im Spiel ist. Da kann jede Neuinszenierung eigentlich nur verlieren. Möchte man annehmen. Dem ist aber nicht so. Tatsächlich entpuppt sich Christina Pieggers Neuinszenierung des KLEINEN VAMPIRS als humorvolle, poppig-moderne Adaption des Originals. Die Regisseurin beweist Liebe zum Detail und hievt den vierzigjährigen Roman in das nächste Jahrtausend. Das kommt an – nicht nur bei den Kleinen, sondern auch den Großen.
Farbenfrohes Tohuwabohu
Bereits das Bühnenbild macht Lust auf mehr. Farbenfroh und windschief lädt es ein zu einer Reise ins Reich der Vampire, die aber nie zu dunkel ausfällt. Nun gut, vielleicht abgesehen von Dorothees Performance. Genia Maria Karasek stürzt sich mit Verve in die Rolle der blutrünstigen Tante und überzeugt auf ganzer Linie. Der Song sitzt, die Choreografie (Josef Vesely) auch und das Kostüm sowieso (wunderbar Vampir lastig Bühne & Kostüme: Peter Engel); letzteres führt allerdings dazu, dass Dorothee für ihre Gier nach Blut immer wieder ins Publikum faucht. Das erinnert an TANZ DER VAMPIRE, den Stoff für die Großen. Und tatsächlich, so mancher zu junge Besucher findet das dann doch etwas gruselig.
Auch Geiermeier (Alessandro Visentin) adressiert auf seiner höchst engagierten Vampirjagd immer wieder das Publikum. Was bei den Eltern für Schmunzeln sorgt, goutieren nicht alle Kinder. Im Gegensatz zur großen Verfolgungsjagd, bei der jeder jedem hinterherhetzt. Eine sehr gelungene Szene, in der die allgemeine Konfusion auf dem Friedhof zelebriert wird. Die Liebe zum Detail trägt Früchte und beschert zahlreiche humorige Momente. Einmal trägt Anton Rüdiger auf Händen, einmal Rüdiger Anton. Dann wiederum laufen alle von einer Gießkanne auf Rädern davon oder sind den Falschen auf der Spur. Auch Wortspiele kommen immer wieder zum Einsatz und heizen dem Kinderhumor so richtig ein.
Eine Insel mit acht Särgen
Anton (Tim Oberließen) und Rüdiger (Gregor Schulz) sind ein eingespieltes Team. Tim Oberließen und Gregor Schulz ergänzen sich hervorragend. Wenn Rüdiger schmollend auf und ab tigert, bleibt kaum ein Auge trocken. Auch sehr gelungen, der Flug der beiden durch die Nacht, mit einer Extraturneinlage in luftiger Höhe von Anton. Das Bühnenbild wurde bereits erwähnt und sollte es auch nochmals werden. Auf der großen Bühne des Landestheaters auf eine kleine Bühneninsel reduziert, entfaltet es seine schaurig-schöne Wirkung. Vor allem die Gruft der von Schlottersteins ist ein Hingucker und der Sarg vom pubertierenden Lumpi ein humoriger Einfall, den Rüdiger keck präsentiert. Seine kleine Schwester Anna wird quirlig vampirzahnlos von Patrizia Unger übernommen. Wunderbar die Szene der streitenden Geschwister in der Wohnung der Bohnsacks. Bei so viel Vampir-Power stehen Antons Eltern (bieder-seriös Genia-Maria Karasek und Alessandro Visentin) dem Geschehen ziemlich sprachlos gegenüber.
Diese Power, dieses Lebensgefühl versprühen auch die Darsteller*innen in großen Dosen, wenn sie sich voller Engagement ins Geschehen werfen oder temporeiche Vampirsongs performen. Ein Vampir-Stück, das sehr viel Spaß macht und mit Melodien, die ins Ohr gehen.
Fotonachweis: Anna-Maria Löffelberger
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