Baustellen-Philosophie

Sie ist wieder da: Die Baustelle im Haus. Wie habe ich sie in den vergangenen fast zwei Jahren nicht vermisst. Diesmal lauert sie einen Stock tiefer, ein Umstand, der tatsächlich als Vorteil zu werten ist, selbst dann, wenn sie mich seit sechs oder sieben oder vielleicht auch schon acht Wochen täglich zu sehr früher Morgenstunde aus dem Tiefschlaf reißt. Das bin ich mittlerweile sogar schon gewohnt und ab der kritischen Minute ohnedies nur noch im leichten Schlummer-Modus auf Träumkurs unterwegs.
Baustellen sind offenbar auch förderlich für die Schulung der sozialen Kompetenzen; denn mit dem Baulärm kehrten alte Bekannte zurück. Mit von der Partie die Elektriker. Zugegeben, ich freue mich über sie. Oder über einen Teil von ihnen.

Neulich wollte ich im Baustellen-Vorbeiflug Konversation betreiben, als ich einen Teil des Teils vor dem Verteilerkasten brütend antraf. Irgendwie treffe ich ihn immer in irgendwelche Stromapplikationen starrend. Während ich gen Keller die Treppen hintunterlaufe, rufe ich ihm deshalb ein gut gelauntes „Hallo“ zu und erntete ein mindestens ebenso gut gelauntes „Hallo“. Mit der Wäsche im Gepäck geht es kurz darauf in das heimische Stockwerk zurück, immer noch gut gelaunt und immer noch in Eile. „Immer vor den Kästen, oder?!“ ereilt ihn deshalb auch im Vorbeiflug. Und mein eigentlich liebster Lieblingselektriker und einer der wirklich rar gesäten hellen Köpfe auf dieser Baustelle antwortet mir doch tatsächlich mit einem gedehnten „Haaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa?“. Ich muss gestehen, in diesem Moment falle ich vor Schreck beinahe vom Glauben ab. „Nein!!! Et tu, Brute heimlich eigentlich ein Dachdecker?“ (deren geistreiche Konversationen vor meinem Fenster beim letzten Mal schon die eine oder andere Gehirnzelle in Tränen der Verzweiflung ausbrechen ließ und mir bis zum heutigen Tag Kälteschauer über den Rücken jagen)!? Ich schaffe es, mir ein spontanes [Achtung, Versuch einer verschriftlichten Umgangssprache] „Hena homa a?“ zu verkneifen, das wäre in der Tat unangebracht. Oder auch nicht. Jedenfalls wiederhole ich stattdessen meine Bemerkung, bereits fast auf der letzten Stufe angekommen. Woraufhin er mir wieder ganz er selbst in langen und korrekten Sätzen antwortet (phew!). Tatsächlich liefern ihm die elektronischen Kästen ausreichend Nachdenkmaterial. Mein Bild ist gerettet. Und ich habe den festen Vorsatz, keine Fragen mehr zu stellen, wenn andere zu arbeiten versuchen. Ich will mich ja nicht unnötig desillusionieren. 😉

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