Bernarda Albas Haus – MARK.freizeit.kultur

Die WPF DSp6 des Musischen Gymnasiums und BERNARDA ALBAS HAUS: Eine hintergründige Reise in die Tiefen des patriarchalischen Andalusiens des vorherigen Jahrhunderts.

Ich wollte Theater spielen. Das heißt, in der Volksschule wollte ich in einem Theaterstück mitwirken und habe mich – selbstverständlich – gleich um die Hauptrolle beworben. Wobei, beworben kann man das so eigentlich nicht nennen; ich habe vielmehr einfach nach der wichtigsten Rolle gefragt. Und wurde abgewiesen. Auf nette Art und Weise, wenn ich mich recht entsinne. Aber eigentlich kann ich mich gar nicht mehr wirklich daran erinnern. Ich weiß auch nicht, ob ich nach der Abfuhr wenigstens noch im Chor dabei war. Irgendwie bezweifle ich das und vermutlich ist das auch besser so. Damit war meine kurze schauspielerische Laufbahn auch schon wieder ad acta gelegt, noch ehe sie richtig beginnen konnte.

Umso bewundernswerter die Leistung der Wahlpflichtgruppe 6 des Musischen Gymnasiums. Die haben als diesjähriges Theaterstück nämlich gemeinsam mit Regisseur Gerald Schwarz und Sarah Spenlingwimmer kein geringeres Stück als Federico García Lorcas BERNARDA ALBAS HAUS erarbeitet. Das ist anspruchsvoll. Ziemlich sehr sogar.

BERNARDA ALBAS HAUS ist die Tragödie von Bernarda Alba und ihren Töchtern, die tief im patriarchalischen Andalusien der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verankert ist und zurzeit im MARK.freizeit.kultur aufgeführt wird. Dabei entpuppt sich die Hausherrin als absolute Despotin,  mit fatalen Folgen.

„Acht Jahre, das ist die Trauerzeit, und so lange kommt mir nicht einmal der Wind von der Straße ins Haus. Wie hinter  vermauerten Fenstern und Türen werden wir leben. Genauso ging es im Haus meines Vaters und meine Großvaters zu.“

Es verwundert nur marginal, dass die fünf Töchter, die die treue, aber recht redselige Magd La Poncia (J. Klaushofer) als BernardaalbasHaus-746x1055unansehnlich und arm beschreibt und damit ohne jegliche Hoffnung auf einen Ehemann, sich alsbald in die Haare geraten. Denn Angustias, die älteste, hässlichste und kränklichste Schwester in der Runde, hat einen Freier. Pepe el Romano – ungefähr 15  Jahre jünger als sie und ziemlich gut aussehend. So gut aussehend sogar, dass nicht alle von Angustias Schwestern ihr ihr Glück gönnen. Damit ist auch klar, dass alsbald ein Unglück seinen Lauf nehmen und die jungfräuliche Hölle ihr wahres und recht hässliches Gesicht offenbaren wird.

Herrisch und dominant ist S. Malmborg als Bernarda Alba. Trotz des gestrengen Reglements entgleiten ihr allerdings ihre Töchter, die gegen die repressive Ordnung und die strengen patriarchalischen Strukturen rebellieren. Dabei treffen absolut konträre Charaktere aufeinander, die psychologisch wunderbar und mit viel Liebe zum Detail ausgearbeitet wurden. Martirio (H. Holzner) ist die intrigante Schwester, die eine steinerne Miene wahrt und sich ihrer Aussichtslosigkeit bezüglich Pepe el Romano durchaus bewusst ist. Trotzdem spielt sie ein falsches Spiel mit Adela, der jüngsten Schwester (sehr überzeugend K. Lehner), und gönnt ihr keinesfalls ihr verbotenes Glück. Tatsächlich trifft sich Adela immer heimlich und hinter dem Rücken von Angustias (J. Thiele als verbitterte Älteste) mit deren Verlobten. Einzig Amelia (A. Hsch) und Magdalena (C. Bebek) scheinen nicht direkt in die Vierecksbeziehung involviert und beschränken sich auf vermittelnde Tätigkeiten. Und auf Tratsch. Der erweist sich bisweilen als bilingual – ein Zugeständnis an Amelias Darstellerin, die als Austauschschülerin am Theaterprojekt mitwirkt. Tatsächlich verleiht der flüssig fließende Sprachenwechsel, das Hin und Her von Deutsch und Englisch der Inszenierung einen individuellen und neuen Touch, der gefällt.

Eigentlich ist BERNARDA ALBAS HAUS ja ein Stück ohne Männer. Pepe el Romano tritt nie auf, sondern bleibt der Fantasie des Publikums überlassen. An diesem Abend ist das anders. Pepe el Romano tritt zwar immer noch nicht in Erscheinung, dafür wurden aber ein paar der weiblichen Rollen mit männlichen Schauspielaspiranten besetzt. Das ist durchaus unterhaltsam, zumal sich die jungen Herren ordentlich für ihre femininen Rollen ins Zeug legen. Vor allem D. Knapp ist in seiner Rolle als Maria Josefa, der widerspenstigen und kratzbürstigen Mutter Bernarda Albas, sehr überzeugend und hat sichtlich Spaß. Die alte Frau möchte ebenso wie ihre Enkelinnen aus dem strengen Haus ausbrechen. Eine Heirat käme Maria Josefa da gerade recht; und so humpelt sie in Nacht und Nebel durch die Räumlichkeiten, nur das Entkommen, das will ihr dann doch nicht so recht gelingen.

Naturgemäß ist in BERNARDA ALBAS HAUS das Bühnenbild in dunkle Töne gehüllt, die meisten der Beteiligten tragen Trauer und relativ häufig läuten irgendwo Kirchenglocken oder bellen Hunde. Das ist auch in dieser Inszenierung nicht anders. Als fabelhafte Ergänzung entpuppt sich allerdings die musikalische Untermalung mit Einsprengsel aus Dillons Album „This Silence Kills“. Die bedrückende Stimmung von Federico García Lorcas Stück wird durch ihre melancholischen Töne hervorragend aufgegriffen und akzentuiert.

BERNARDAS ALBAS HAUS ist die TRAGÖDIE VON DEN FRAUEN IN DEN DÖRFERN SPANIENS, wie es der Autor bereits im Titel formulierte.
Chapeau allerdings an die Wahlfachgruppe 6 des musischen Gymnasiums und das kreatives Team. Der begeisterte Applaus ist redlich verdient. Und dass Maria Josefa selbst beim Schlussapplaus noch gebeugt über die Bühne humpelte, zeugt einmal mehr vom Enthusiasmus und der großen Spielfreude der jugendlichen Neo-SchauspielerInnen.

NB: Viewpoints und Soundpainting kamen hervorragend an und sind auch, keine Bange, ohne Voraberklärung verständlich. 😉

 

Fotonachweis: Mark.freizeit.kultur

Facebooktwitterredditpinterestlinkedinmailby feather

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert