Mutter (Daniela Enzi) und Tochter (Anita Köchl)

Eiscreme – kleines theater

„Eiscreme“ am kleines theater.

Garantiert kalorienfrei und mit jeder Menge gute Laune: EISCREME feierte am kleines theater Österreichische Erstaufführung.

„Ich will ein Eis!“. Die Zuschauerstimmen sind sich nach der Premiere einig. Ein Eis muss her und zwar schnell. Kein Wunder, durften sie doch gerade den Protagonistinnen ein ganzes Stück lang beim Schlemmen eben jener kalten Süßigkeit zusehen. So etwas bringt sogar die Meinung vom stärksten Kostverächter zum Schmelzen. Mit EISCREME feierte ein Stück des kroatischen Schriftsteller Miro Gavran in der Regie von Hanspeter Horner Österreichische Erstaufführung und trägt das Sujet bereits im Namen. Eiscreme wird zum zuckersüßen Begleiter einer Mutter-Tochter-Beziehung.

Blaupause

Mutter und Tochter treffen sich über 57 Jahre lang immer wieder in der Eisdiele der Kindheit und schlemmen sich vom ersten Schultag über Ehekrisen bis ins Altersheim durch die verschiedenen Sorten.

Hanspeter Horner kreierte ein spritzig-pointiertes Familienporträt, das gerade von den zwischenmenschlichen Differenzen und Imperfektionen lebt. Mutter (Daniela Enzi) und Tochter (Anita Köchl)Mutter und Tochter werden zum Spiegel der Gesellschaft. Das dabei niemals Namen genannt werden, prädestiniert sie zu Blaupausen, die auch auf all die anderen Mütter-Töchter-Verhältnisse angewandt werden können: Abwesende und jene, die an diesem Abend im Publikum sitzen.

Renommierte Schauspielerinnen

Der Wiedererkennungswert ist hoch und der Saal gut gefüllt, wenn sich das Duo Anita Köchl (Tochter) und Daniela Enzi (Mutter) durch den Abend spielen. Letzteres liegt daran, dass mit den beiden zwei renommierte Schauspielerinnen auf der Bühne des kleinen theaters stehen. Übrigens erstmals gemeinsam, das verspricht hohen Unterhaltungswert, der umgehend eingelöst wird. Anita Köchls Kleinkind mag auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich wirken, auf den zweiten überzeugt sie auf ganzer Linie. Anita Köchl verleiht ihrer Figur in jeder Lebensphase genau das richtige Maß an Authentizität und garniert ihr Spiel mit kleinen Feinheiten, die ins Schwarze treffen. Egal ob sie mit Halskrause trippelnd den Stuhl wendet oder als pubertierende 13jährige mit unflätigen Wörtern um sich wirft. Der Mutter vergeht Hören und Sehen. Mit entschuldigen Blick ins Publikum bittet sie den Teenager peinlich berührt sich zu mäßigen, „die Leute schauen ja schon.“

Spieglein, Spieglein an der Wand: EISCREME

Daniela Enzi überzeugt als junge Mutter mit stattlichem Kosenamen-Arsenal (von Schatz über Mäuselein bis Muckilein ist alles dabei) genauso wie als renitente, selbstbewusste Pensionistin, die gerade ihren dritten Frühling erlebt. Besonders schön die Darstellung der souveränen Oma. Tochter (Anita Köchl) und Mutter (Daniela Enzi)Wenn ihr die inzwischen mitdreißigjährige Tochter ihr Leid klagt und von den Schimpftiraden der Enkelin erzählt, dann ist das wie ein Revival. Wissend lächelt die Oma und knabbert mitfühlend an ihrer Eistüte. Wenn sich dann aber die Tochter damit brüstet, dass früher alle besser gewesen sei und sie sich selbst ihr gegenüber nie so respektlos verhalten habe, widerspricht die Oma und das Publikum freut sich schadenfroh, war es doch live dabei. Das Leben der beiden erfährt viele Doppelungen, die Regisseur Hanspeter Horner subtil, aber gelungen hervorarbeitet.

Ein köstlicher Höhepunkt, die Poledance-Einlage von Daniela Enzi. Die Tochter staunt mit offenem Mund, irgendwo zwischen Entsetzen und „Mama, du bist peinlich“. Die Mutter reibt sich nach so viel Engagement den schmerzenden Rücken. Mit dem Einzug ins Altersheim erfährt die im Erwachsenenalter so harmonisch anmutende Beziehung plötzlich eine Wende und scheint ins Wackeln zu geraten. Happy End ist trotzdem drin. So wie es sich für eine richtige Komödie geziemt, folgt die beste Pointe im letzten Satz.

Ice Ice Baby

Ganz nebenbei werden die Zuschauer über die Kulisse didaktisch gebrieft. Wer danach nicht fit in der Geschichte des Speiseeises ist, hat vermutlich ganz einfach die „Untertitel“ ignoriert. Apropos Eiscreme. Es wurde schon angedeutet. Während EISCREME essen die Schauspielerinnen tatsächliches Eis, Tüteneis. Die unterschiedlichen Sorten entpuppen sich als eine Variante von „Ich packe meinen Koffer und nehme mit“. Aus anfänglichem Schokolade und Vanille werden mit voranschreitendem Spiel immer mehr Geschmacksrichtungen. Der Eisbedarf dürfte gedeckt sein, zumindest für die Schauspielerinnen, das Publikum hätte gerne Nachschlag.

 

Fotonachweis: Erika Mayer

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