Goldene Zeiten am Schauspielhaus Salzburg mit „Hautevolee“
Wo Komödie draufsteht, ist auch Komödie drin: Mit „Hautevolee“ inszenierte Susi Weber eine sehr kurzweilige und wunderbar pointierte Boulevardkomödie. Theater, das Spaß macht und trotzdem eine Botschaft besitzt.
Ja, ist denn jetzt schon Weihnachten? Diese Frage drängt sich im güldenen Heim der Lombards auf. Das Bühnenbild ist schließlich kein dezenter Wink mit dem Zaunpfahl mehr, sondern vielmehr ein präziser Schlag mit dem Empire State Building. Für „Hautevolee“ (Komödie von Josiane Balasko, Übersetzung Jérôme Junod) wurde die Studiobühne des Schauspielhauses von Kopf bis Fuß in goldene Vintage Töne gepackt. Dass das nicht blendet, dafür sorgt Susi Weber mit ihrer Inszenierung (Ausstattung: Agnes Hamvas) – und macht mit dem strahlenden Rahmen sofort klar: reich, reicher, superreich.
Einmal Gold mit alles bitte
Weil es sich bei „Hautevolee“ um eine französische Komödie handelt, lautet die Devise bitte anschnallen, es wird temporeich. Erwartet frech und gut gelaunt kommen dann auch die Schlagabtausche daher. Das Leben der Superreichen eignet sich hervorragend, um es bis zum Absurden zu übersteigern. Je oller, desto doller. Das Publikum freut sich, wenn die Sticheleien des gelangweilten Ehepaars Lombard (Susanne Wende und Theo Helm) Fahrt aufnehmen. Während Susanne Wende in ihrer Rolle eine sehr garstige Seite herrlich pointiert zum Besten gibt, findet sie in Christiane Warneckes Alicia Lagarde eine würdige Kontrahentin. Überprononciert knallt diese „Fraaaançoiiiiiiissssse“ ihren Vornamen förmlich vor die Füße und rümpft bezeichnend die Nase. Die Freude am Exzess ist dem Ensemble anzusehen – und die Schadenfreude dem Publikum.
Wunderbar humorig stürzen sich die beiden Göttergatten aufeinander. Den Heldenstatus haben sie wohl schon vor einigen Ehejahren eingebüßt. So halbwegs bemüht scheint nur noch Grégoire (Simon Jaritz-Rudle), auch wenn er der Liebsten so gar nicht schöne Dinge um die Ohren wirft. Vordergründig lieb und nett, hat es „Hautevolee“ faustdick hinter den Ohren. Dass ein Bett und sehr viel Alkohol die einzigen Requisiten im Raum sind, ist bezeichnend. Mit der Moral hat es hier aber auch wirklich niemand. Da ist es nur passend, dass der genervte Jean-Jacques (Theo Helm) das junge Personal betatscht (hier geht nichts ohne Superlative: Johanna Egger als super frustrierte, selbstbewusste Leslie).
So viel Vorurteil muss sein: Hautevolee
Die Handlung von „Hautevolee“ ist von Vorurteilen gepflastert, übrigens wunderbar akzentuiert durch Musik (Wolfi Rainer) und Licht (Marcel Busá). Endlich darf ungeniert über die Oberen Zehntausend und die darüber gelacht werden. Wobei, Hand aufs Herz, so ganz neu ist dieses Phänomen ja nicht. Da hilft die extreme Übersteigerung. Die Figuren desmaskieren sich gegenseitig und das Publikum kommt schadenfroh auf seine Kosten. Zugleich steht auch der Zeitgeist auf dem Prüfstand. ‚Self-care‘ steht aktuell bei den Jungen ganz groß im Kurs. Da ist es nur legitim, dass „Hautevolee“ mit einem Seelencoach punktet. Lukas Weiss gibt einen – nein, das wundert längst nicht mehr – absolut überdrehten Guru. Der ernährt sich zwar nicht von Prana, verkündet Hiobsbotschaften aber ganz hip in englischer Sprache. Wenn der goldige junge Mann in bärigen Hansi-Hinterseer-Gedächtnisstiefeln über die Bühne schreitet und „a storm is coming“ tönt, reicht das aus, um seine Anhänger in Ausnahmezustand zu versetzen. Dabei ist auch beim heiß verehrten Guru nicht alles Gold, was glänzt.
Bildnachweis: Jan Friese
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