Französisch-schweizerische Kombi beim Winterfest: „Pandax“ von Cirque la Compagnie ist eine wunderbare Produktion, die Trauer mit Lebensfreude kombiniert und von einer Live-Band begleitet wird, die die Handlung hervorragend abrundet.
Ist es eigentlich Voraussetzung für eine Compagnie, dass alle Mitglieder Musikinstrumente spielen? Vermutlich nicht – allerdings ist es zugleich ungemein praktisch. Dann können sie sogar zum eigenen Rausschmeißer aufspielen, so wie die Artisten des französischen Cirque la Compagnie. Das scheint auch dringend nötig zu sein, denn so richtig gehen möchte an diesem Abend niemand in den Zuschauerrängen. Zu faszinierend ist die Mischung aus Akrobatik und Storytelling, die die französisch-schweizerische Truppe so locker aus den Ärmeln schüttelt.
Brn tata brn – der Jakobsweg ist so gestern
Mit Dezember ist einmal mehr die fünfte Jahreszeit in Salzburg hereingebrochen: Das Winterfest residiert im Salzburger Volksgarten und bringt mit seinen bunten Lichterketten den zeitgenössischen Circus in die Mozartstadt. Magie liegt in der Luft. Der Regen davor und danach kann dem nichts anhaben. Stattdessen sorgt ein kleines, verbeultes Auto für Aufsehen, das in die Manege einfährt. Dass es danach noch stärker beschädigt die selbige wieder verlässt, ist konsequent. Es wird zum Anker in einer Inszenierung, die choreografisch fein abgestimmt die Geschichte von fünf Brüdern erzählt. Der gemeinsame Vater ist aufs Autodach geschnallt, in einer Urne. Entsprechend wird das Gefährt voller Emotionen von einem Trauerzug aus Musikerinnen und einem „Reh“ begleitet. Die Musik, die das Trio anstimmt, ist wunderschön und geht unter die Haut (Seraina De Block, Ondine Cantineau, Astrid Creve).
Ein bisschen Guggenmusik, ein bisschen Trauermarsch, etwas Jazz, Klezmer und sehr viele onomatopoetische Wörter: Das musikalische Arrangement weiß, Gefühle zu transportieren und Tierlaute zu imitieren. Sogar Jodeln ist dabei. Die Brüder greifen das Dargebotene auf und gestalten ihr Spiel fein nuanciert. Tatsächlich sind die Artisten der Compagnie vielseitig begabt (Zackary Arnaud, Baptiste Clerc, Boris Fodella, Charlie Mach, Nicolas Provot). Von wegen, nur Akrobatik. Mit einer köstlichen Autofahrt startet die Erzählung – die in thematisch verwandten Filmen meistens über den Jakobsweg führt. Dass das nicht zwingend notwendig ist, demonstriert „Pandax“. Der Jakobsweg ist weit entfernt, die Streitigkeiten, die irgendwann eskalieren, selbstverständlich nicht.
Mais oui! „Pandax“ von Cirque la Compagnie
Behände schwingen sich die Artisten durch fehlende Autofenster oder turnen auf Motorrädern. Sogar einem Lampenschirm geht es fast ans Eingemachte. Bodenakrobatik wird geschickt mit luftigen Höhen kombiniert. Da ist wieder dieser Moment, wo das alles so spielend einfach wirkt, dass man denkt, „könnte ich das auch?“. Nein, natürlich nicht, selbst wenn der Künstler mit der Zigarette im Mundwinkel (très français) quer an der Stange hängt. In der Realität scheitert man bereits an den ersten paar… Zentimetern. Dass man die aber auch mit spielend leichter Eleganz nehmen kann, beweisen Cirque la Compagnie, die schließlich auf einer Wippe zu wahrer Hochform auflaufen. Es gibt aber auch die leisen Momente, die an den Vater erinnern und mit reduziertem Licht und nachdenklichen, beherrschten Kunststücken bis in den Himmel führen. Zum Glück nur metaphorisch, auch wenn zwei oder drei Momente doch zum spontanen Luft Anhalten animieren.
„Pandax“ ist eine wunderbare Geschichte, ruhig und trotzdem humorvoll mit Akrobatik illustriert und musikalisch homogen abgerundet. Dass man ihr gerne noch länger beiwohnen würde, ist selbstverständlich. Dass die Akrobaten dann aber doch auch gerne Feierabend hätten, leider auch. Die nächste Vorstellung, sie folgt bestimmt.
Fotonachweis: Juliette Mach
Artikel zum Download in PDF-Format by