Rien ne va plus für Celia? Im Gegenteil. In Claus Trögers Inszenierung von Stefan Zweigs Novelle „Vierundzwanzig Stunden im Leben einer Frau“ ist alles möglich und noch viel mehr. Eine empathische Zurückfindung zur Weiblichkeit.
Eine Schauspielerin, einen Kleiderständer und eine Off-Bühne. Mehr bedarf es nicht, um Stefan Zweigs Novelle „Vierundzwanzig Stunden im Leben einer Frau“ eindrucksvoll und intensiv zu inszenieren. Zumindest, wenn das Team aus Regisseur Claus Tröger und Schauspielerin Sarah Kattih besteht. Sie nutzten die letzten Corona Monate, um einen Herzenswunsch von Kattih zu realisieren. Endlich ein Solostück. Beim Betrachten des Ergebnisses stellt sich die Frage: „Warum hat das eigentlich so lange gedauert?“. Ganze 49 Jahre um genau zu sein. Pünktlich vor dem runden Geburtstag erfolgte die Premiere. Dramatisiert von Éric-Emmanuel Schmitt (ja, DEM Éric-Emmanuel Schmitt, der im Französisch Unterricht ständig zur Leseliste gebeten wird) erfolgte nun in Zweigs zeitweiliger Heimat die österreichische Erstaufführung.
In aller Plot-Kürze
In einem Casino in Monte Carlo wird Celia Zeugin des tragischen Selbstmordes eines jungen Spielers. Dieses Ereignis berührt sie in besonderem Maße, denn zwei Jahre zuvor widerfuhr ihr Ähnliches. Damals lernte sie den jungen Matteo kennen, der, spielsüchtig geworden, alles verloren hatte und keinen Ausweg mehr sah. Celia wollte ihn vor sich selbst retten und geriet durch ihn in einen Wirbel aus verwirrenden Gefühlen und schwindelerregender Leidenschaft.
Wenn das kein Beweis ist für die, nein, nicht Midlife-Crisis
Das OFF Theater als Ort der Begegnung, auch von unterschiedlicher Produktionen. Produktionen wie beispielsweise Claus Trögers „Vierundzwanzig Stunden im Leben einer Frau“. Auch wenn dem Gastspiel dafür 48h zur Verfügung stehen. Eindrücklich eignete sich die Schauspielerin die Charakteristika der Figur an und kreiert eine empathisch intensive Zeichnung von Celia, die authentisch die Nöte und Ängste der verwitweten Frau gehobenen Alters widerspiegelt. Der Mann unerwartet verschieden, die Kinder aus dem Haus und mit der Gründung eigener Familien beschäftigt, verspürt Celia eine immanente Leere.
Es wäre zu schal, es einfach als Midlife-Crisis zu deklarieren. Immer wieder betont die weibliche Figur, dass sie eigentlich keine erotischen Gefühle für Matteo verspüre, dennoch wird sie gerade auf die Hände des jungen Spielers aufmerksam und damit hält bereits ein Hauch von Sinnlichkeit Einzug. Akzentuiert durch musikalische Untermalung und Toneinspielungen (Jan Gasperi).
Vielseitiger intensiver Monolog: „Vierundzwanzig Stunden im Leben einer Frau“
Stefan Zweig war mit seinen psychoanalytischen Novellen sehr erfolgreich und genau dieser Aspekt ist auch in „Vierundzwanzig Stunden“ zu spüren. Feinfühlig begibt sich Kattihs Celia auf die Spuren ihrer eigenen Weiblichkeit. Erotisch, emotional und existenziell sind die Konflikte, die sie dabei ausficht. Wunderbar gelingt es der Schauspielerin, diese inneren Kämpfe einzufangen und im Monolog auszudrücken. Gleichzeitig wird dieser zum Diskurs, zum Dialog mit sich selbst – wenn Celia die Bemerkungen und Reaktionen ihres Gegenübers wiedergibt und die Grenzen verschwimmen. Es fällt an dieser Stelle längst nicht mehr ins Gewicht, dass hier ja eigentlich nur eine Schauspielerin auf der Bühne steht. Es fühlt sich bereits wie zwei an, manchmal wie drei. Eloquent und spielfreudig schlüpft Celia in andere Sichtweisen, um das Geschehen an den Erzähler zu bringen, das in diesem Fall durch das Publikum ersetzt wird. Eine eindrucksvolle und intensive Inszenierung, die man sich keinesfalls entgehen lassen sollte.
Fotonachweis: von der Homepage des Regisseurs ausgeborgt
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