Doppelt gemoppelt.
Eine Komödie wie ein Sommerspritzer: prickelnd, frisch und angenehm leicht im Abgang. Daniela Enzis DOPPELFEHLER punktet mit humorigen Pointen und viel Selbstironie.
„Wo die Neurosen wuchern, will ich Landschaftsgärtner sein“, singen Element of Crime und müssten sich bei Alex und George pudelwohl fühlen. Fünf Jahre nach der Scheidung trifft das Paar zufällig aufeinander. Sie ist wieder verheiratet, er läuft blutjungen Mädchen hinterher und trotzdem scheint sich da etwas unter den bissigen Kommentaren der beiden anzubahnen. Ob sie es noch einmal miteinander versuchen sollen oder ist das Vorhaben von vornherein zum Scheitern verurteilt?
Ironisches Komödienspiel
Sommer und Sonne lädt zu heiterem Spiel, spitzen Pointen und DOPPELFEHLER ein. Daniela Enzi (Regie) hat sich mit Barry Creytons Stück einer pfiffigen Komödie verschrieben, die keck, aber ohne moralische Mission ein Vorurteil nach dem anderen ausschlachtet, es gelungen arrangiert und bissig ironisch serviert. Gleichzeitig wird in DOPPELFEHLER nie zu tief unter die Gürtellinie gezielt oder für allzu billige Kalauer Einbußen in Sachen Niveau akzeptiert. Auch wenn das Figurenpersonal nur so mit Beleidigungen um sich wirft, wirklich böse wird hier niemand – dafür umso heiterer. Gelungen auch die Aktualität der Dialoge; immer im Zeitgenössischen verhaftet, versteift sich Enzis Regiewerk nicht auf ein bestimmtes Publikum jenseits des zweiten Lebensabschnittes. Die DOPPELFEHLER-Türen stehen allen offen.
Schnelles Tempo und Durchhaltevermögen
Das erste Bild subsumiert die humorige Richtung von Daniela Enzis DOPPELFEHLER: Die organisierte Braut und ein leicht verspäteter Bräutigam mit offenem Hosenschlitz posieren für die Kamera. Anfangs verliebt, dann leicht kabbelnd, später ernsthaft verstimmt. Larissa Enzi (Alex) und Torsten Hermentin (George) präsentieren mit expressiver Mimik herrliche Momentaufnahmen, die ihre Äquivalents in den einen oder anderen Hochzeitsalben finden dürften. Die Schauspieler geben mit dem Einstand bereits ein schnelles Komödien-Tempo vor, das sie persistent halten. Zum Glück, die andere Option wäre Langeweile – immerhin ein Ding der Möglichkeit bei einer Spielzeit von rund 90 Minuten, definitiv aber nicht wünschenswert. Stattdessen jagt eine Pointe die nächste und das Schauspiel-Duo beweist Durchhaltevermögen.
Bissiges Geplänkel bildet die Basis von Creytons DOPPELFEHLER und zugleich seinen Dreh- und Angelpunkt. Larissa Enzis Alex ist eine gelungene Mischung aus nervöser Karrierefrau mit ziemlich romantischem Kern unter äußerst harter Schale. Ist ihr Panzer allerdings einmal gebrochen, gibt es kein Halten. Naja, zumindest bis George den falschen Schalter erwischt. Zurück in den Ring, die nächste verbale Boxrunde bricht an. Mindestens genauso euphorisch wie Alex zeigt sich auch George: Torsten Hermentins Figur gibt sich gut gelaunt der Ironie hin und schleudert eine Zynismus-Keule nach der anderen in Richtung Ex. Mit todernstem Gesicht verkündet er die abstrusesten Theorien und haarsträubensten Macho-Weisheiten, dass Contenance schwerfällt.
Sprechende Songs
Hier ist Schauspieler Mensch, hier darf er’s sein. Deshalb legen Larissa Enzi und Torsten Hermentin auch fleißig Hand am Bühnenbild an. Da werden Tische verrückt oder Betten geschoben und mit kleinen Tanzschritten der Eindruck von Mühelosigkeit und joie de vivre erzeugt. Zugleich folgt das musikalische Arrangement einem mindest genauso ausgetüfelten Komödienfaden. Das Publikum wird mit „No je ne regrette rien“ in die Pause geschickt, nach der gemeinsamen Nacht erklingt „Ooops…! I did it again“, während auf den 101 Streit ein aggressives Rammstein-Lied über Liebe und brennende Betten folgt. Sprechender könnten Songs kaum arrangiert werden und komplettieren gleichzeitig den Humor-Reigen.
Herr Ober, bitte noch ein Glas
Tatsächlich entpuppt sich DOPPELFEHLER als eine einzige große Vorurteilssammlung ohne didaktischen Weltverbesserungsauftrag. Was Frauen über Männer denken und vice versa. Sag, wie hast du’s mit der Moral und so weiter. Das macht nicht nur Spaß, sondern darin liegt auch der Erfolg begründet. Die Inszenierung spricht ein breites Publikum an. Dass dabei ordentlich die Funken sprühen, liegt auch an der Harmonie des Schauspielduos. Gemeinsam sticheln sich Larissa Enzi und Torsten Hermentin in Rage und legen den Finger in die eine oder andere Vorurteilswunde. Gleichzeitig erinnert Daniela Enzis ironische Regiearbeit an einen gelungenen Sommerspritzer: frisch, prickelnd und angenehm leicht im Abgang.
Fotonachweis: Michael Klimt
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