Wolfgangseer Sommertheater auf Herbstfrische im kleines theater: Caroline Richards inszenierte die temporeiche Kammerkomödie ICH MACHE DAS FÜR SIE.
Wenn am Ende der Vorstellung ein coronabedingt nur halb besetztes Theater mit MNS euphorisch Schlussapplaus wie ein volles Haus spendet, ja, dann darf zufrieden Fazit gezogen werden: Alles richtig gemacht. Genau das trifft auch auf Caroline Richards Inszenierung von ICH MACHE DAS FÜR SIE zu. Pünktlich zum Herbst gastiert das Theater am Wolfgangsee mit dem Stück von Tristan Petitgirard am kleines theater und setzt einmal mehr auf joie de vivre und französischen Humor. Alleine, dieses Jahr ist etwas anders. Nein, damit ist nicht der Mundnasenschutz gemeint, mit dem sich Publikum erfreulich gütlich arrangierte, sondern der feinsinnig frankophile Humor, den die Kammerkomödie versprüht.
In aller Plot-Kürze
Aus allem lässt sich ein Geschäft machen, auch aus dem Beenden von Beziehungen. Deshalb ist Eric, der mitunter das Pseudonym Marc verwendet oder auch Julian gerufen wird, professioneller Schlussmacher. Statt per WhatsApp oder SMS serviert Erics Agentur „Trennung frei Haus“ die Nachricht noch persönlich. Das freut seine Kunden, weniger die Empfänger*innen. Dabei gibt sich Eric alle Mühe und schnürt auch ganz besondere Pakete. Dann wird der Schlussmacher selbst überrascht, als ihm plötzlich seine eigene Ex die Tür öffnet. Tja, was nun?
Eine Komödie ist eine Komödie ist eine Komödie
Tristan Petitgirards Kammerkomödie entspannt sich auf temporeichen 90 Minuten und punktet vor allem mit ihren Unberechenbarkeiten. Einmal springt das Stück in diese, einmal in jene Richtung, nur nicht festlegen. Genau wie Pauline (Sonja Zobel), die Ex-Freundin von Eric. Verliebt wartet sie zu „Grease“-Tönen auf ihren ganz persönlichen Danny. Allerdings ist das Leben eben selten ein Musical. Auch wenn über Sonja Zobels Figur die rosa Seifenblasen schweben, als der Falsche vor der Tür steht, zerplatzen sie im Nu und weichen dicken Fragezeichen. Übrigens ein gelungener Moment, den Sebastian Martin Rehms Eric unterstreicht.
Ganz klar, eine Komödie ist eine Komödie ist eine Komödie. Deshalb lebt ICH MACHE DAS FÜR SIE von Slapstick artigen Momenten, egal wie viele philosophische Reminiszenzen der Autor einstreute. Tatsächlich ging Petitgirard damit sparsam und oberflächlich um. Seine Weisheiten erinnern an Paulo Coelho. Sie sind treffend, ja, aber eben auch nicht Weltbilder umstürzend oder Sinnkrisen auslösend. Gleichzeitig besitzen die Sentenzen eine wunderbare Pointiertheit, die das Ensemble treffsicher serviert.
Wo der Barthel den Most holt oder in ICH MACHE DAS FÜR SIE der Hammer hängt
Amüsant die Aktualität, wenn Eric über Zwänge und Regeln sinniert. Das liegt nicht nur an der Mundnasenschutz-Parallele, ein Accessoire, das während der gesamten Vorstellung getragen werden darf, sondern überhaupt an der ‚aktuellen Situation‘ und den diversen Meinungen dazu. Sebastian Martin Rehm indes genießt seine Rolle als mephistophelischer Ex sichtlich, in die Eric rein zufällig gerät. Immer wieder garniert er seine spitzzüngigen Bemerkungen mit entsprechender Gestik. Nur wenn er selbst in die Bredouille gerät und die Luft auch für ihn dünn wird, lässt Eric den selbstsicheren Habitus fallen und zeigt sich verletzlich. Am Ende entblättert Bartholomäus (Bálint Walter) gar noch die Achilles Ferse des gar nicht so kaltblütigen Schlussmachers. Besonders humorig, die etwas andere Musical-Einlage.
Bálint Walter schlüpft in die Rolle des eifersüchtigen Nebenbuhlers, der ursprünglich eigentlich der Auftraggeber ist. Aber, wie das in französischen Komödien eben so ist, die Verwirrung sitzt, wackelt und hat Luft. In Sachen moralischer Ambivalenz kann Bartholomäus seinem Kontrahenten durchaus das Wasser reichen. Testosteron geladen stürmt er in die Wohnung und oszilliert im Anschluss persistent zwischen hypernervös, hypersympathisch und hyperaggressiv. Mal hat der aktuelle Freund die moralische Oberhand, mal der Ex. Bei dieser Komödie weiß man nie, in welche Richtung das Beziehungspendel ausschlägt.
Sehr humorig die unterschiedlichsten Varianten der Kennenlerngeschichten, die sich die Figuren gegenseitig aufbinden. Mitten drin Pauline. Auch Sonja Zobels Figur darf sich wandeln. Von der ewig naiven Frauenrolle mit klimpernden Augen und unwissendem „was?“ changiert sie zur emanzipierten Femme, die den Männern zeigt, wo der Barthel den Most holt. Unvermutet ist diese Pauline wie ausgetauscht und erteilt herrisch Befehle – einmal mehr legt Caroline Richards Inszenierung eine elegante 180 Grad Wendung hin, die eigentlich nur vom Ende übertroffen werden kann. Selbstverständlich pointiert. Und irgendwie auch philosophisch, auf französische Komödienart.
Fotonachweis: Christian Streili
Artikel zum Download in PDF-Format
by