„Ikarus“ von Theater ecce
Das Theater ecce verkürzt mit IKARUS den Jüngsten das Warten auf Weihnachten. Mit im Gepäck, die griechische Antike. Märchenhaft, akrobatisch, schön.
In der Adventszeit wird Salzburg von einem außergewöhnlichen Phänomen heimgesucht. Nein, das bezieht sich nicht auf die Tatsache, dass an den (un)möglichsten Orten plötzlich Christkindlmärkte aufpoppen wie andernorts die Pilze. Vielmehr ist die Stadt plötzlich randvoll mit Artisten*innen. Das liegt zum Gros am Winterfest, aber nicht nur. Salzburg hat auch seine eigenen akrobatischen Visionäre und schauspielernden Trapeztänzer*innen. Pamina Milewska ist eine von ihnen. Auf die junge Akrobatin und Schauspielerin (nur Akrobatik wäre ja auch zu langweilig) setzt Reinhold Tritscher für die aktuelle Kinderproduktion des Theater ecce. Pünktlich zur Vorweihnachtszeit verbindet er Artistik mit der sagenumwobenen Geschichte rund um Ikarus.
In aller Plot-Kürze
Ida begleitet ihren Vater zur Arbeit in den Park, wo er ein altes Karussell reparieren soll. In der Nähe sitzt ein Mann auf einer Bank und schweigt. Egal wie sehr ihn Ida auch löchert, keine Antwort. Der Vater erklärt dem Kind, dass der Mann stumm sei und ihn alle Daedalus nennen. Daedalus basierend auf der Legende rund um Ikarus. Denn genau wie Daedalus Sohn in der griechischen Mythologie, stürzte auch das Kind des stummen Mannes vom Himmel und starb. Vater und Tochter beginnen die Legende des Ikarus nachzuspielen.
Fiktion meets Reality
Das Theater ecce verkürzt den Jüngsten gerne die Zeit bis Weihnachten und darüber hinaus. Letztes Jahr stand mit dem GAUKLERMÄRCHEN bereits ein Kinderstück auf dem Programm des Oval im Europark. Davor war es TILL EULENSPIEGEL. Jetzt folgt IKARUS auf den Märchenfuß. Einmal mehr setzt Regisseur Reinhold Tritscher dafür auf Magisches, das er mit Fantastischem und der Realität verwebt. Pamina Milewska schlüpft in die Rolle des neugierigen Mädchens, das mit der Warum-Frage die Lizenz zum Nerven besitzt. Immer wieder löchert das wissbegierige Kind den Vater. Warum, warum, warum hallt ihr eindrücklich geäußertes Fragewort durch den Raum. Der Vater (Stefan Ried) lässt es erstaunlich stoisch über sich ergehen und beantwortet ruhig und gelassen jede Frage der Tochter.
Perspektiven Sprung
Jetzt ist es immer so eine Sache, Erwachsene die in die Rolle von Kindern schlüpfen. Das könnte ins Lächerliche abdriften, tut es in diesem Fall aber nicht. Das lebensfrohe Wesen Idas transportiert Pamina Milewska mit Akrobatik nach außen. Spielerisch hüpft sie auf den Vater, später balancieren die beiden zirkusreif auf dem Karussell und ganz am Ende kommt als Höhepunkt die Trapezstange zum Einsatz. Die Spielfreude der akrobatischen Schauspielerin verbündet sich mit der quirligen Lebenslust der Figur. Stefan Riedls Vater wird vor allem aus kindlicher Perspektive dargestellt. Er ist der Übervater, der souverän das große Ganze im Blick behält – und nebenbei noch die akrobatische Schauspielkollegin wuppt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sie steht mit beiden Beinen fest auf seinen Schultern (Akrobatik & Choreografie: Ulfried Kirschhofer, Bühne: Alois Ellmauer, Kostüme: Lili Brit Pfeiffer).
Daddy Cool
An späterer Stelle dekonstruiert sich diese Überfigur selbst und gerade das macht den Vater so menschlich. Die IKARUS Inszenierung demonstriert am Beispiel des antiken Mythos, dass Eltern auch irren können. Die Rahmenhandlung liefert die Basis und stellt die Binnenhandlung paradigmatisch nach. Am Ende ist es der stumme Mann von der Parkbank, der das Kind vor einem Sturz bewahrt. Mit einem Schlag entdröseln sich die Handlungen und zurück bleibt die Erinnerung an Ikarus, der trotz väterliche Warnung zu nah an die Sonne flog,
Musikalisches Beiwerk
Griechische Mythologie bildet die Basis der Literatur und kann gar nicht oft genug aufbereitet werden. Ein kindgerechtes Beispiel ist IKARUS: Spielerisch, mit viel Akrobatik und märchenhaften Elementen wird dem Publikum nicht nur ein ein antiker Mythos, sondern gleichzeitig auch Zwischenmenschliches vermittelt. Dafür setzt die Inszenierung auf Live-Musik. Robert Kainar ist der Solist, der alle Instrumente beherrscht und das Stück lautmalerisch und musikalisch begleitet. Es entstehen traumhafte Sequenzen, die Lust machen auf mehr. Aber keine Sorge, der nächste Dezember kommt bestimmt und bringt dann vielleicht eine weitere Kinderproduktion des Theater ecce.
Fotonachweis: Foto Flausen
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