Lange Nacht der Kirchen – Salzburg

Colour my world – einmal extra bunt bitte!

Wien tut es, Linz tut es und Salzburg und die restlichen sechs Bundesländer sind auch dabei: Die ‚Lange Nacht der Kirche‘ lud wieder zum ökumenischen Fest mit Pop-Charakter und Innehalten.

Kirche ist alt, verstaubt und ewiggestrig? Irgendwie bröckelt das Bild, als sich verfasserin auf den Weg in die Altstadt macht. Dort klingt es bereits verdächtig aus den Kirchenportalen: Etwas ist anders. Ein besondere Atmosphäre liegt in der Luft, wenn sich im Vorbeigehen fröhliche Gospel-Klänge mit Passanten mischen oder das Hufgeklappere der ‚Lange Nacht der Kirchen‘-Pferdekutschen mit dem Stimmgemurmel auf der Straße. Richtig, es ist die ‚Lange Nacht der Kirchen‘; nach den Museen und Power-Learning-Einheiten an den Unis ist auch die Kirche auf das pfiffige Nacht-Konzept gekommen; bereits zum 13. Mal lud sie zum trendigen Event.

Kreative Diversität

Die Kirche hat sich für ihr ökumenisches Fest ganz schön ins Zeug gelegt und ein strammes Programm kreiert. Deshalb stellen wir auch lieber nicht unsere Freundschaft auf die Probe, sondern teilen uns ganz einfach auf. Verfasserin zieht es in Richtung Literatur zur Kollegienkirche:  ‚Colour the World‘ lautet die Devise, die von den farbintensiven Lichtinstallationen Robert Herbes (Konzept und Licht) akzentuiert werden – aber auch die Akustik drückt dem christlichen Ort einen außergewöhnlichen Stempel auf. Draußen bereits viel zu schwül, erwarten drinnen angenehme Temperaturen und klare Klänge. Lake Blue füllt mit Gitarre und melodiösen Songs den sakralen Raum, die eine ganz eigene Wirkung entfalten. Nebenbei lässt es sich fein an den „Before I die“-Wänden schmökern. Was wünscht du dir so, bevor du stirbst? Von „LIVE!“, „Magdalena heiraten“, „Oma werden“ oder „I want to be happy“ arbeiteten sich die Besucher*innen mit bunten Kreiden zu Wortspenden wie „I want to order 200 chicken nuggets“ und „der Herrscher der Welt!!!“ vor – Schmunzeln garantiert.

Und ewig lockt die Literatur

‚Poet wish love‘ – den Auftakt macht Slammer Lukas Wagner mit seinem Text über das Mehr. Dabei fällt auf, wie melodiös Sprache eigentlich ist und welche musikalischen Reminiszenzen sie transportieren kann, wenn man sie nur lässt. Dem rhythmischen Duktus bleibt das künstlerische Konzept mit seinen drei Tänzer*innen treu, die den sakralen Raum mit ihrer anmutig, fließenden Dance-Session beleben (Tanz & Choreographie: Michaela Kadlcikova, Tristan Bénon, Bry Prunelle, Percussion: Tobi Szegedi). Da winkt auch schon der nächste Programm-Punkt, deshalb eilt verfasserin auf schnellstem Weg den ambitionierten Neo-Dichtern 2.0 hinterher. Die finden sich zur ‚Dunkellesung‘ in den Katakomben von St. Peter ein. Das schaurig-schöne Ambiente entwickelt sich rasch zum Treffpunkt der hippen Jugendszene und Hipster-Hochburg. Der Altersdurchschnitt sinkt rapide und kreiert mit den altehrwürdigen Mauern, dem Kerzenlicht und den nachdenklichen Slammer-Texten eine ganz eigene Atmosphäre.

Back to the roots

Die Überraschung folgt am Dom: Für die Turmbesteigung sind keine Platzkarten nötig (hurra!). Nach wohldosiertem Anstehen schaffen es alle in den Glockenturm. Dafür geht es jetzt nach oben; immer weiter und weiter. Gedanken an Hans und seine Bohnenranke drängen sich auf. Wie ging das Märchen nochmals schnell…? Wir landen aber schließlich doch im Glockenturm und nicht bei den Riesen. Der ist ziemlich beeindruckend – für den Unterhaltungswert sorgt das Schlüpfen unter die Glocke und das Klopfen an selbige. Leise, nur ganz (ganz, ganz, GANZ) leise ist ihr der Ansatz eines Klangs zu entlocken. Optisch erweist sich die Aussicht auf die Stadt als Highlight. Kein Wunder also, dass alle ihre Handys zücken und Erinnerungsfotos schießen. Wieder unten lockt für ein paar Minuten der Gregorianische Choral, ehe es uns wieder in die Katakomben von St. Peter verschlägt. Die Kerzen stehen immer noch, jetzt lässt aber Schauspieler Max Pfnür den Mönchvater der Benediktiner auferstehen, wenn er, ja, feierlich aus den Regeln des hl. Benedikts liest. Dazu spielt das „Da Ponte Quartett“ mit Kasper von Einem und anderen zeitgenössischen Komponisten auf und taucht den Raum in eine eindrückliche Melodie. Da ist er wieder, dieser sprachlich-musikalische Augenblick, das Alt trifft Neu und Gestern auf Heute – das Konzept, das die ‚Lange Nacht der Kirchen‘ wie ein roter Faden durchzieht und so aktuell  stimmt.

Mit einem letzten Ausflug in die  Kollegienkirche schließt sich auch unser Kreis. Zumindest vorerst, bis zum nächsten Jahr… 😉

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