„Ritter Kamenbert“ am Schauspielhaus Salzburg
Dreißig Jahre und noch keinen Tag älter: RITTER KAMENBERT ist zurück am Schauspielhaus. Ben Pascal inszenierte das Kindermusical bunt, frech und mit sehr viel Energie.
Wenn sich ein Kindermusical mit Haut und Haar dem Käse verschrieben hat, dann kann es sich dabei eigentlich nur um RITTER KAMENBERT handeln. Dass sich die Eltern im Foyer genauso wie ihre Kinder auf das Stück freuen, liegt vermutlich daran, dass das Cheesical heuer 30jähriges Jubiläum feiert. Been there, done that also. Pünktlich zum Ehrenjahr ist es aber der Nachwuchs, der in die Fußstapfen der Großen tritt – nicht nur im Publikum. Das zieht sich konsequent durch das ganze Stück: Von den hauseigenen Schauspielschüler*innen bis zu Regisseur Ben Pascal. Letzterer schreibt nebenbei auch gleich ein Stück Familiengeschichte weiter. Stammt der Stoff zu RITTER KAMENBERT doch aus der Feder seines Vaters, Peter Blaikner (Musik: Cosi M. Goehlert, Ernst Wolfsgruber).
In aller Plot-Kürze
Königssohn Kamenbert hat nur eines im Kopf: Käse. Sehr zum Missfallen des Königs schlemmt sich der royale Spross lieber durch das reichhaltige Angebot in der Speisekammer, als sich in ritterlichen Âventiuren zu üben. Kurz davor, den Sohn zu verstoßen, fordert der König von Gorgónzola ihn auf, das Zauberschwert Romadur zu erobern und seine Tapferkeit zu beweisen. Dafür muss er allerdings dem Drachen seinen Drachenkäse entwenden und Meister Alberich zum Tausch anbieten. Alles kein Problem für Ritter Kamenbert, der vielleicht verfressen ist, aber nicht dumm. Gemeinsam mit Freundin Karoline trotzt er den Gefahren und schafft es sogar, die Räuber Klops und Quargel zu überlisten.
Von Burgen, Rittern und Käse
RITTER KAMENBERT lässt am Schauspielhaus Kinderträume Realität werden: Das Bühnenbild ist eine Festung, die an eine Spielburg aus überdimensionalen Schachteln erinnert. Dem Käsethema zollen die diversen Schlupflöcher Tribut. Gleich einem Emmentaler könnte es in dieser Kulisse zügig werden, wenn alle Öffnungen gleichzeitig aufgeklappt wären. Sind sie aber nicht. Stattdessen werden Schmiedetröge hereingeschoben, tauchen Hände auf oder wird ein neugieriger Drachenkopf durch die Tür gereckt. Was so einfach und Kinderfest-mässig aussieht, erweist sich als sehr robust und äußerst praktikabel. Eine Kulisse, die sich zur überdimensionalen Spielwiese wandelt und dem Ensemble für Rutschpartien und Kletterausflüge zur Verfügung steht (Ausstattung: Agnes Hamvas, Licht: Marcel Busá).
Schauspielschüler*innen vor
Das Ensemble besteht aus den Schüler*innen des Schauspielhaus Salzburg, die mit sichtlich Spielfreude und Elan überzeugen. Lukas Koller verleiht seinem Ritter Kamenbert eine tollpatschig, liebenswerte Note. Gut gelaunt und schusselig stürzt sich der relativ Mut-befreite Königsspross ins Abenteuer und baut im Handumdrehen seine Tarnkappe an. Das Nibelungenlied lässt ebenfalls grüßen, wenn aus Zwerg Alberich ein Schmiedemeister wird und das legendäre Schwert Balmung als Romadur ein Revival erfährt. Vollen Körpereinsatz beweist Lukas Koller, wenn er quer über das Bühnenbild hechtet.
Auf spitzzüngigen Schabernack versteht sich Kamenberts selbstbewusste Freundin Karoline, Julia Rajsp mit starker Musicalstimme. In bunten Klamotten strotzt sie nur so vor Abenteuerlust und spornt den königlichen Filius zu Heldentaten an. Ok, zumindest einer, bei den anderen erweist er sich bisweilen als nicht ganz so heroisch, aber umso liebenswürdiger (Maske: Marliesa Hagn, Musikalische Einstudierung: Johanna Buchmayer, Dramaturgie: Theresa Taudes).
Showdrachen
In RITTER KAMENBERT stehen nicht nur die Protagonisten im Fokus. Hier darf jede Rolle glänzen, selbst die allerkleinste. Wunderbar arrogant, Käselaib Roquefort (Helena May Heber), während sich Käse-Kollegen Edi und Emmi (Bianca Farthofer und Lena Steinhuber) in Ängstlichkeit und Lässigkeit üben. Als Drachenkinder laufen die drei Darstellerinnen zu Hochform auf. Mit ihrem Zähneputz- und Waschlied ist auch die didaktische Mission erfüllt. Zu grünen Showdrachen oszillieren sie, wenn sie überdreht kichernd von ihrem Faible für Musik berichten und sich dabei immer wieder in Showgirl-Pose werfen. Onkel Draki (Marko Vlatkovic) lässt sich währenddessen wunderbar humorig den begehrten Drachenkäse abluchsen und singt sich dabei erst so richtig warm. Für Gänsehaut unter den Jüngsten sorgt Meister Alberich. Mit imposanter Stimme erzählt Julian Dorners Schmied vom magischen Schwert und schreibt nebenbei die Artussage neu.
Humoriges Cheesical
Apropos Humor. Der wird in RITTER KAMENBERT groß geschrieben. Corinna Bauer und Raphael Steiner zelebrieren ihn als Räuber Quargel und Klops genauso köstlich wie Kamenberts Vater König Gorgónzola (Marko Vlatkovic). In Laurel und Hardy Manier werden sprachliche Doppeldeutigkeiten zelebriert. Während Quargel den Ton angibt, verdreht Klops jeden Satz. Tollpatschig greift er in Brennnesseln oder will als sprichwörtlicher Straßenräuber gleich die ganze Straße einpacken. Jedem Clou von Quargel macht Klops konsequent und mit großem Gedöns den Gar aus. Besonders gelungen, als die beiden vom unsichtbaren Pferd Kamenberts gepiesackt werden. König Gorgónzola indes überzeugt mit schleppendem Gang, persistentem Zwinkern und miesepetriger Laune. Dem schlemmenden Sohn bläst er herrisch den Marsch.
Dreißig Jahre und noch keinen Tag älter. RITTER KAMENBERT trifft immer noch mit Punktlandung genau ins Humorzentrum der Jüngsten. Ben Pascal entstaubte seinen Ritter und Karoline darf auch den einen oder anderen Anglizismus einbauen. Wunderbar werden die Sprachspiele von Slapstickeinlagen der Schauspieler*innen unterstützt, was die Jüngsten im Saal zum Jubeln und hörbaren Mitfiebern bringt. Die Kostüme befeuern den Humor weiter und runden das Cheesical homogen und kunterbunt ab. Auf die nächsten dreißig Jahre.
Fotonachweis: Jan Friese
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