MIT CHARME, TOAST UND GHETTOBLASTER
Sieben Lehrer und ein Improstück am Schauspielhaus Salzburg: Das WeGe theater begeht den 50sten Geburtstag des Salzburger Amateurtheater Festivals mit stolzem Programm – und spielt sich dabei in Ekstase.
Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Oder auf die Kulturszene umgelegt: Sind die professionellen Häuser in der Sommerpause, erobern freie Szene und ambitionierte Laienschauspieler*innen das Terrain. Von dieser Spiel-Lust profitiert das Publikum, das sich selbst über die Sommermonate bestens unterhalten fühlen darf. Dafür nimmt es auch gerne neue Gesichter an altbekannten Orten in Kauf – wie beispielsweise die Eroberung des Schauspielhaus Salzburg durch den Salzburger Amateurtheater Verband. Für eine Woche initiierte der Verein pünktlich zum 50sten Jubiläum eine Spielwoche der besonderen Art. Verschiedenste Gruppen aus Stadt und Land gaben sich dafür in der Erzabt-Klotz-Straße die Klinke in die Hand und machten keinen Hehl aus ihrer Leidenschaft für die Schauspielerei.
Das WeGe Theater im Schauspielhaus Salzburg
Eine dieser spielfreudigen Kollektivs ist das WeGe theater. Mit ihrer Produktion DAS NEUE STÜCK gastierte das Ensemble für einen Abend am Schauspielhaus Salzburg und beantwortet auch gleichzeitig die Frage: Was machen Lehrer*innen eigentlich so in ihrer Freizeit? Ganz einfach, Theater! Zumindest die sieben aus dem WeGe-Ensemble. Obwohl sie das Auftreten vor Publikum gewohnt sein dürften, ist die Aufregung greifbar. Kein Wunder, schließlich sind Wissensvermittlung und das Schlüpfen in andere Rollen zwei unterschiedliche Dinge. Noch dazu, wenn man sich für die Uraufführung des neue Programms gleich eine Mammutaufgabe aufhalst: Weder Goethe noch Schiller stehen auf dem Plan, nein, Improtheater soll es sein. Und das, so verkündet die Broschüre, entsteht auch tatsächlich genau in diesem Moment. Ephemerer ist kaum möglich und damit erklärt sich auch die anfängliche Spannung. Die legte sich dann aber auch erstaunlich rasch. Lag es vielleicht an der meditativen Entrollung des Kreppbands? Das, zugegeben, schien eine entschleunigende Wirkung zu besitzen – auch auf das Publikum. Nach dem die Raumbegrenzung aber einmal saß, entrollte sich auch peu à peu der bunte Impro-Reigen.
Toast ohne alles
Tatsächlich ist den Neo-Schauspielern*innen viel Respekt für ihre Impro-Inszenierung zu zollen. Sie brachten den anfänglich etwas holprigen Kurs zügig ins Rollen und verliehen den vorhandenen Strukturen erstaunlich narrative Züge mit wiederkehrenden Mustern. So wurde der Löwe in ihr (Huberta Kargl) zu einer, ja, fast schon philosophischen Metapher und zum Running-Gag, der immer funktionierte. Während sich Peter Haas in seiner Rolle nach Verwurzelung sehnte und imaginäre Dinge konsumierte, brüllte Stefan Aichhorn so laut, dass das eine oder andere Zusammenzucken in den Zuschauerreihen nicht unbemerkt blieb. Richtig frei spielte sich Wolfgang Pirkl mit seiner Reminiszenz an die Jugend und das erste Theater-Abo in Linz – sei es jetzt ein imaginäres oder reales Erlebnis. So richtig ist das im DAS NEUE STÜCK nie zu unterscheiden und genau das konstituiert auch den Reiz der Produktion. Marlene Meik lief in der Pöstlingbergbahn-Episode zur Höchstform auf und fürchtete sich retrospektiv sehr eindrücklich vor der dritten Runde in der verklärten Grottenbahn. Die humorige Szene wurde von einem wunderbaren Zwergen-Duo begleitet. Gernot Wehrberger und Stefan Aichhorn trafen den fröhlichen Zwergen-Esprit auf den Punkt, während sich Peter Haas und Wolfgang Pirkl als Grottenbahn gelungen verausgabten. Alexandra Kriechhammer indes konzentrierte sich amüsant auf den Toast-Konsum und plädierte immer wieder mit ernster, mahnender Miene, das Theater in den Fokus zu stellen – oder legte als Quoten-Gender-Frau den Finger kompromisslos in die joviale Macho-Gehabe-Wunde.
Zeugnisverteilung
Die Schauspieler*innen des WeGe Kollektivs beweisen mit der Uraufführung DAS NEUE STÜCK: Auch Laientheater steckt an – mit Euphorie, Spielfreude und je nach Fasson fröhlichem oder kritischem Diskurs oder sogar beidem. Das dann noch Rainald Grebes „Theater“-Cover in Text und Musik einfloss, war ein zusätzlicher Pluspunkt, der das Verfasserinnen-Herz ziemlich glücklich machte. Einser- bitte setzen! 😉
Fotonachweis: Ian Schneider (Sujet), WeGe theater (Beitrag)
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Tatsächlich war es ja die Uraufführung unseres neuen Formats. Man sollte nicht glauben, wie sehr wir im Vorfeld immer zweifeln, ob das Ding auch nach außen „funktioniert“, wirkt, ob die Zuschauer*innen in irgendeiner Form etwas damit anfangen können. Nach innen funktioniert es in vielen Proben schon mehr oder weniger. Trotzdem sind die Zweifel immer da. Umso mehr freut mich diese lebendige Beschreibung des Theaterabends. Ich hab’s meinen Mitspieler*innen schon in einer privaten Mail geschrieben: unser Publikum ist vielleicht aufmerksamer als das traditionelle Theaterpublikum. Es geht unsere Schritte mit, und das macht uns, zumindest mir persönlich, große Freude.
Ha, das dachte ich mir zwar schon fast, war mir aber nicht zu 100 Prozent sicher. Dafür habe ich es jetzt aber nochmals ausgebessert! 🙂 Vielen Dank für die lobenden Worte, es freut mich, dass der Bericht gefällt – und ich kann es nur zurückgeben. Spielfreude auf der Bühne ist immer wunderbar zu beobachten. Übrigens, das Stück ist – ganz ohne Zweifel! – sehr gelungen.