EINMAL FANTASIEN UND ZURÜCK.
An den Kammerspielen Salzburg wird Paul Maars Kinderbuch PAULAS REISEN bildstark und fantasiebegabt zu Leben erweckt. Ein lyrisch-schönes Abenteuer ins Traumweltenland.
Die Herrscher*innen vom Reich der Kreise, der Tausend Ecken, der Roten Töne und dem Land Kopfüber haben Besuch. Menschenkind Paula ist auf der Durchreise und träumt sich von einer Traumwelt in die nächste. Anpassen? Fällt dem blonden Mädchen gar nicht ein. Und ehe Kugelkaiser, König Eckenbart, Königin Rosalind oder König Ginök ihr ihren Willen aufzwingen können, ist Paula auch schon wieder weg – bevor sie im kuscheligen Bettenland zur finalen Landung ansetzt. Hier ist Paula Mensch, hier darf sie’s sein… und bleibt, bis Mama sie aufweckt.
Beredte Stille
Reduzierte Sprache, sanfte Bewegungen, aber jede Menge Musik und fröhliche Nonsens-Lingo. Für die Österreichische Erstaufführung von PAULAS REISEN haben Rachel Karafistan und Kuba Pierzchalski (Inszenierung) tief in die Fantasiekiste gegriffen. Das beginnt bereits bei der Besetzung. Protagonistin Paula ist kein normales Mädchen, sondern eine Puppe, die von Katharina Halus fantasievoll und expressiv zum Leben erweckt wird (Puppenbau: Simon Buchegger). Rasch ist vergessen, dass eine Hand die Führung hat – eigentlich erstaunlich, schließlich spricht Paula nicht. An keiner Stelle. Sprechen, das erledigen die anderen Figuren, die Musik und die besondere Atmosphäre. Das Resultat sind spannende Dialoge ohne viele Worte.
Einer für alle, alle für einen
Die anderen, das sind die, die genauso gleichberechtigt im Rampenlicht stehen wie Titelheldin Paula. Das ist noch so eine Qualität von PAULAS REISEN. Genauso sanftmütig wie das Mädchen auf ihrer Reise, gestaltet sich auch die Rollenverteilung. Hier steht niemand im Fokus und kassiert die Lorbeeren im Alleingang. Im Gegenteil; jede Schauspielerin, jeder Schauspieler darf eine Monarchie regieren – und, hier gibt sich die Inszenierung bewusst kosmopolitisch und gender-affin, mitunter sogar in vertauschten Rollen. Axel Meinhardt sorgt als bestens gelaunter Kugelkaiser für Luftballon-Ekstase bei den Jüngsten. Seifenblasenregen vom Zuschauerraumhimmel sorgt für strahlende Kinderaugen.
Poesie liegt in der Luft
Für König Eckenbart schlüpft Janina Raspe in eine Hosenrolle und verausgabt sich eckig-enthusiastisch beim Eckentanz. Den weiblichen Part indes übernimmt Gregor Schulz, wenn er als rot-wütige Königin Rosalind herrlich rot-verliebt den roten Tönen frönt und jede andere Farbe im Reich konsequent verbietet. Zwischendurch changieren die Eben-noch-Monarchen*innen zu Polizeitrupps und versuchen, Paula zu verhaften. Alleine, das funktioniert ohnedies nie; die extra groß applizierten Mienen der Schauspieler*innen und ihre expressiven Gesten indes umso mehr. Die Spielfreude ist ihnen anzusehen.
Fast schon poetisch mutet PAULAS REISEN dann allerdings durch genau die eigene Sprachlosigkeit an. Die ist eigentlich ziemlich beredt, man muss nur genau hinhören beziehungsweise sehen. Statt großer Worte setzte das kreative Team auf Musik (Kuba Pierzchalski) und Wort-Reduktion. Beides ist genau auf das Spiel abgestimmt, sehr homogen und erzeugt eine immanent Poetik, die den unterschiedlichen Königreichen zusätzlichen Zauber verleiht.
Paulas Bühnenwelt
Kreativ ist auch das Bühnenbild, dass sich mit kleinen, realistischen und sehr originellen Ideen in die Fantasiewelten einbringt (Bühne und Kostüme: Sonja Böhm). Von den Seifenblasen war bereits die Rede. Aber auch das Königreich Kopfüber ist eine Reise wert, dafür verabschiedet sich sogar Paulas Schlafzimmerwand. Wenn König Eckenbart seinen Auftritt hat, spannt Janina Raspe penibel ihr eckiges Netz und Gregor Schulz entrollt seinen roten Rock für Königin Rosalind. Gelungene Idee am Rand: Um den Traumreise-Charakter zu unterstreichen, springen, hechten und tanzen – manchmal auch in Zeitlupe -, die Darsteller*innen in Onesies über die Bühne, also in Ganzkörperschlafanzügen. Sehr passend für eine Reise durch die unterschiedlichsten Traumländer. Auf die Plätze, fertig, los – Pyjama-Party!
Fotonachweis: Tobias Witzgall
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