Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat – Landestheater Salzburg

Sommer, Sonne und ein Gute-Laune-Musical

Es rockt die Landestheater Bühne, es steppt der Punk-Bär – Kurt, Liesl und weitere Ex-Sound of Music’ler bitten mit anderen jungen Talenten in JOSEPH AND THE AMAZING TECHNICOLOR DREAMCOAT zur heiter-amüsanten Bibelstunde.

Pünktlich zum Schulende schüttelt das Landestheater ein Musical-Highlight aus dem Ärmel: Tim Rices und Andrew Lloyd Webbers JOSEPH AND THE AMAZING TECHNICOLOR DREAMCOAT. Was einst – frau möchte es kaum glauben – als Schulstück begann, kehrt zurück zu seinen Wurzeln. Das Timing dafür könnte kaum besser gewählt sein und wird die Lehrerschaft freuen. Selten war Religionsunterricht so kurzweilig und lebendig wie mit Joseph, seinen disloyalen Brüdern und den äußerst bekannten Melodien.

In aller Plot-Kürze

Jede*r kennt die Geschichte von Jakobs Lieblingssohn Joseph: Ein Träumer, wie er im Buche steht, und dank der väterlichen Protektion seinen Brüder ein Dorn im Auge. Dass der dann auch noch Erfolg in allen Lebenslagen hat, setzt dem Neid die Krone auf. Die anderen beschließen, Joseph zu beseitigen. Zuerst liebäugeln sie mit einem Erdloch, wo sie Joseph verhungern lassen wollen, dann verhökern sie den Unseligen aber doch lieber für ein paar Schekelim als Sklaven an vorbeiziehende Ismaeliten…

Steemig, punkig und sehr hip

Für JOSEPH AND THE AMAZING TECHNICOLOR DREAMCOAT gab sich Intendant Carl Philip von Maldeghem die Regie-Ehre. Das Resultat ist ein erfrischend freches Revival der Bibel-Jungs – die übrigens, wie das Gros des Cast, mit Jugendlichen besetzt wurden. Selbstbewusst und lebensfroh stürmen die Brüder in außergewöhnlichen Steem-Punk Kreationen die Bühne (Katja Schindowski, Kostüme: Alois Dollhäubl, Choreografie: Kate Watson, Josef Vesely, musikalische Leitung: Wolfgang Götz). Der schwarze Strich im Gesicht legt nahe, dass es sich um die Kreationen von Lucardis Feist handelt – oder zumindest subtile Zitate. Die Designerin hat sich mit ihren Stoffmodellen ebenfalls den Träumen verschrieben, je ungewöhnlicher, desto besser. Das prädestiniert ihre Mode zur vestimentären Basis für die Neuauflage des Klassikers und katapultiert das Schulmusical auf ein ganz neues Coolness-Level. Die Spielfreude der jugendlichen Akteure*innen tut das Übrige.

Hanna Kastner ist eine der wenigen erwachsenen Schauspielerinnen. Als Erzählerin leitet sie die Kinder und Jugendliche keck und vor guter Laune beinahe berstend durch das Stück. Nebenbei schafft sie es aber auch, Mitgefühl für Joseph aufzubringen. Den mimte Lukas Blaukovitsch bei der Premiere und ganz ehrlich, verfasserin kann den Brüdern ihr eigensüchtiges Verhalten kaum verdenken. Selbstgefällig und arrogant lässt sich dieser Joseph an, dem der eine oder andere buchstäbliche Dämpfer nicht schadet. Trotzdem bringt den Träumer nichts von seinem optimistischen Erfolgskurs ab. Beinahe lasziv wird es bei Mrs. Potiphars Versuch (Elisa Afie Agbaglah), den armen Joseph zur verführen – Schmunzeln bei den Großen.

Klein, aber oho!

Überhaupt wurde für JOSEPH ein ziemlich großes-kleines Ensemble aufgefahren: Neben Josephs mehr oder minder charmanten Brüdern, die zum Verkauf des Träumers auch gerne mal eine Party schmeißen, sind da noch viele andere. Den Brüdern schließen sich frech-amouröse Partnerinnen an, die von engagierten Tanzsolistinnen unterstützt werden. Richtig voll wird es dann aber mit dem Kinder- und Orchesterchor auf der Bühne, der sich stimmgewaltig und – ja, es muss gesagt werden – ziemlich süß in das Geschehen einbringt (Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor). Behend schlüpft der eine oder andere Zwerg durch die Beine der Großen und dem Glitter-Regen am Ende können die Minis auch nur schwer widerstehen.

Dem ehemaligen Schulcharakter hat sich das reduzierte Bühnenbild verschrieben; egal ob Schäfchen-Mobile oder einfache Säulenwände. Das trifft übrigens auch auf die Kostüme der Tänzerinnen zu, die als Anubis – der ägyptische Gott des Totenritus – eine ziemlich gute Figur abliefern, und Josephs Fatum allegorisch akzentuieren. Freilich handelt es sich um eine alttestamentarische Bibelgeschichte und da ziehen ägyptische Götter immer den Kürzeren. Deshalb sollte sich Jakob (Axel Meinhardt als rockiger Vater) keine allzu großen Sorgen um seinen Lieblingssohn machen und es eher so wie der Pharao (Christoph Wieschke) halten: Der steppt als Elvis nämlich so richtig ab und liefert Pointe um Pointe, wenn er mit dem weiblichen Publikum kokettiert.

Liebe Religionslehrer*innen, es ist tatsächlich so: JOSEPH einmal auf der Bühne gesehen: 1. Mos, Gen 37ff – sitzt! Und die Salzburger JOSEPH AND THE AMAZING TECHNICOLOR DREAMCOAT Inszenierung stellt da keine Ausnahme dar.

 

 

Fotonachweis: Anna-Maria Löffelberger

 

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2 Kommentare

  1. gut lesbarer und treffender Kommentar. Ich kann allerdings nicht die Richtigstellung zum vorletzten Absatz unterlassen: Die Geschichte ist nicht christlich! Sie kommt aus dem Alten (eigentlich Ersten) Testament. (Das Bibelzitat ist aber richtig!) und ist jüdisch. Daher ist auch viel von den Kindern Israels die Rede..

    1. Author

      Ooops – den peinlichen Fehler habe ich natürlich gleich korrigiert. Vielen lieben Dank für den Hinweis und die netten Worte. 🙂

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