KAMPF UM DEN EISERNEN COMEDY-THRON.
Bücherwürmer und Serienjunkies jubilieren. „Game of Thrones“ geht in die 8. Runde und die Science Busters feiern mit ihrem von Westeros inspirierten Programm WINTER IS COMING Salzburger Erstaufführung.
Autoren haben es fein. Sie können sich nach Herzenslust exzentrisch austoben und man hat sie trotzdem lieb. Okay, meistens. Einer davon hat es nämlich übertrieben und es sich gründlich mit seinen Fans verdorben. George R. R. Martin, Autor des Fantasy-Epos „Game of Thrones“. Angelehnt an den Streit der Herrscherfamilien Lancaster und York aus dem 15. Jahrhundert (daher auch die Namen Lannister und Stark), hat Martin seinen eigenen Tanz um den Eisernen Thron entfacht und ein ganzes Fantasy-Reich aufgezogen. Dumm nur, dass er sich vom notorischen Langsamschreiber zum Langsamschreiber mit notorischer Schreibblockade entwickelte. Die Fans waren not-amused, als es an Nachschub mangelte. Zum Glück gibt es aber noch den US-Sender HBO, der auf den GoT-Zug aufsprang und aus der literarischen Vorlage das teuerste Serienwunder aller Zeiten schuf. Ganze 700 Millionen stecken mittlerweile in der Produktion und katapultierten die vormals unbekannten Mitwirkenden direkt in den Hollywood-Olymp.
Zugegeben, zu Hollywoods Créme de la Créme zählen die Science Busters noch nicht, aber das kann ja noch werden. Vier Tage vor Beginn der ersehnten 8. Game of Thrones-Staffel steht an der ARGEkultur WINTER IS COMING auf dem Programm – die Science Busters erproben sich am Fantasy-Wunder und naschen von der Ruhmestorte. Dafür holt das kreative Team das epochale Gemetzel humorig auf die Bühne, packt seinen Wissenschaftskit aus und überträgt das Ergebnis live ins Publikum: eloquent, detailverliebt und mit sehr viel Spaß an der Sache.
Chaos-Theorie
Master of Ceremony Martin Puntigam nimmt auch für WINTER IS COMING kein Blatt vor den Mund. Bereits mit Star Trek und James Bond habe man sich an populärwissenschaftlichen Themen probiert, Game of Thrones ist da nur die logische Schlussfolgerung. Die hautenge rosarote Uniform tauschte Puntigam dafür extra mit einer plüschigen Polyester-Weste. So viel „Game of Thrones“-Identifikation muss sein. Aber auch sonst zeigt sich der MC erstaunlich bewandert. Wortgewandt, mitunter zotig, meistens amüsant führt er durch das Geschehen und stellt nur scheinbar naiv die Fragen, die sich das Publikum vermutlich nie zu äußern gewagt hätte. Groß das Gelächter, auch wenn sich die verbalen Verballhornungen manchmal unterhalb der Gürtellinie tummeln. Schlagfertig kommentiert Martin Puntigam selbst die anfänglichen Pannen. Ganz Showmann wird das knackende Mikrofon und der übermütige Lautsprecher eloquent ins Programm eingebaut.
Drachen steigen
WINTER IS COMING und im zweiten Teil hält das Science Busters-Team in „Game of Thrones“-Klamotte Einzug, komplett mit Trommelschlägen (Martin Moder, PhD) und Feuer. Ja, sogar Drachen werden gesichtet, entfliehen in unendliche Bühnenhimmel-Weiten oder werden keck gekidnappt. Dr. Florian Freistetter – den Astronomen und Science-Blogger – lässt das nur scheinbar kalt. Beherzt zieht er als Daenerys Sturmtochter sein Programm durch und hat längst die Mutter der Drachen in sich entdeckt. Kokett wirft er die künstliche blonde Wallemähne zurück und erklärt im Vorbeispazieren, warum man die Eismauer mit so viel weniger Aufwand als einem dahergeflogenen Eisdrachen hätte einreißen können. Überhaupt outet sich der Astronom als eingefleischter GoT-Fan der ersten Stunde und schiebt humorig ein paar wetterlastige Fakten hinterher. Warum in Westeros Winter herrscht, von dem niemand weiß, wie lange er dauert? Kein Problem, total einfach eigentlich, zumindest wenn Florian Freistetter enthusiastisch zur Erklärung ansetzt.
Chop off your head
Blutig wird es mit Molekularbiologe Martin Moder. Der Wissenschaftler klärt über die Vorzüge des Köpfens auf, ja, er gerät sogar regelrecht ins Schwärmen. Wer ihm bei seinem Plädoyer zuhört, wird ihm vermutlich auch sehr bald beipflichten. Wenn schon Töten, dann bitte fachmännisch geköpft. Da sage noch wer, dass Kabarett nicht bildet. Im Gegenteil, die Science Busters klären effizient auf. Dafür entzündet sich der Molekularbiologe auch gerne mal elegant selbst. Während die Flammen auf seinem Unterarm fröhlich lodern, erörtert der Wissenschaftler die Details von entweichenden Darmblähungen. Die bestehen aus Methan, aber nur 1 Prozent davon sorgt für den unangenehmen Geruch. Kann man wissen, muss man aber nicht – für den nächsten Smalltalk-Stoff wäre allerdings gesorgt.
Übrigens, wer kennt nicht diese riesigen Kampfszenen, die seit „Herr der Ringe“ irgendwie epidemär durch Serien und Filme geistern? Tausend Mann und mehr stehen auf einem gigantischen Feld; alle hübsch drapiert, meistens in adretten Quadraten und dann beginnen sie auch noch alle gemeinsam mit den Speeren auf den Boden zu schlagen. Been there, done that. Verhaltensbiologin Dr. Elisabeth Oberzaucher greift zur Verbündungsszene mit Daenerys und dem Heer der kastrierten Sklaven, um zu demonstrieren, was physikalisch so alles möglich ist und was eigentlich nur im Kopf stattfindet. Überhaupt entwickelt das Gehirn ein seltsam eitles Eigenleben, dass Elisabeth Oberzaucher eindrücklich zum Besten gibt.
Winter war hier
Kompliziertes Wissen simpel, aber mit sehr viel Humor und trotzdem seriös an die nicht-wissenschaftlichen Welt gebracht. Das kommt an und macht unglaublich viel Spaß. Außerdem hat es den angenehmen Nebeneffekt zu bilden und zwar völlig angstbefreit. Eigentlich sollten die Science Busters Pflichtprogramm an jeder Schule sein. Sind sie natürlich nicht, irgendwie schade. WINTER IS COMING ersetzt dann übrigens doch nicht die 8. Staffel des Serienhits. Im Gegenteil, mitunter sind die Vergleiche tatsächlich sehr bemüht und haken bisweilen. Das macht aber nichts, da das restliche Programm genauso großen Unterhaltungswert besitzt. WINTER IS COMING und das Publikum feiert ausgelassen.
Fotonachweis: Ingo Pertramer (Sujetbild), Hubert Mican (Beitragbilder)
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