Die Fledermaus – Kinderfestspiele Salzburg

Volle Operettenfahrt voraus

Die Salzburger Kinderfestspiele feiern mit Strauss‘ FLEDERMAUS ein fröhliches Verwirrspiel und den goldenen Operettenklassiker in leicht gekürzter Variante.

Wer erinnert sich noch an seinen allerersten Theaterbesuch? Bei mir involvierte das Kasperl, ein Krokodil und sehr viel Mitfiebern. Dicht gefolgt von der KLEINEN ZAUBERFLÖTE. Auch wenn die Erinnerungen vielleicht – oder sehr vermutlich sogar – schon etwas verblasst sind, werden sie immer wieder gerne hervorgekramt. Deshalb ist es auch so eine feine Sache, dass Theater für die Jüngsten aktuell Hochkonjunktur erlebt. Kein Haus ohne entsprechendes Angebot und ganz vorne mit dabei, die Salzburger Kinderfestspiele. 2007 wurde die Klassik-Reihe von Elisabeth Fuchs ins Leben gerufen, um Kinder frühest möglich an klassische Musik heranzuführen. Elf Jahre später wird das Angebot freudiger denn je angenommen – und der Saal der Universitätsaula ist für die Nachmittagsvorstellung DER FLEDERMAUS proppenvoll.

In aller Plot-Kürze

Dienstmädchen Adele erhält eine Einladung zum Fest des Prinzen Orlofsky. Ihr Herr, Gabriel von Eisenstein, muss eine Gefängnisstrafe antreten, wird aber von Dr. Falke überredet, ebenfalls beim adeligen Maskenball vorbeizuschauen und erst einen Tag später in Haft zu gehen. Während Rosalinde von Eisenstein um ihren Mann ‚trauert‘, bekommt sie Besuch von ihrer Jugendliebe Alfred – der dann prompt von Gefängnisdirektor Frank als vermeintlicher Eisenstein einkassiert wird. Und das Verwechslungschaos nimmt endgültig seinen Lauf, als Rosalinde ebenfalls zum Fest des Prinzen eilt.

Kinderleicht

Die Wahl DER FLEDERMAUS als Sujet für die Kinderfestspiele scheint auf den ersten Blick etwas, nun ja, verwunderlich. Schließlich handelt das Libretto von einem großen Gelage, mit reichlich Alkohol und einem Loblied auf den Champagner. Tatsächlich scheint der Stoff didaktisch also nicht so unbedingt zum Kindermärchen zu taugen. Dann ist da aber auch noch die Musik. Die stammt von Johann Strauss und gilt nicht zufällig als Höhepunkt der Operettenära. Grund genug also, DIE FLEDERMAUS auf kindertauglich zu bringen.

Philharmonie Salzburg

Dafür versammelte sich die Philharmonie Salzburg unter der Leitung von Elisabeth Fuchs auf der Bühne der großen Universitätsaula. Wo anderntags wissenschaftliche Vorträge gehalten oder akademische Titel verliehen werden, hält das bunte Treiben rund um Herrn von Eisenstein Einzug. Übrigens tatsächlich ohne Bühnenbild; als das fungiert das junge Orchester, das pünktlich zum Maskenball fröhliche Kopfbehütungen zückt – da kann es auch schon mal aus dem Publikum „schau Mama, da ist der Obeblix!“ tönen, während der Nachwuchs gen Dirigentin und ihren Wikingerhelm winkt.

Bühne frei!

Aber auch ohne Bühnenbild funktioniert eine FLEDERMAUS für Kinder. Nein, keine Angst, statt Champagner fließt weder heiße Schokolade noch Orangensaft und Trigger-Warnungen dürfen auch draußen (oder in Amerika) bleiben. Stattdessen setzen die Kinderfestspiele auf altersgerechte Vermittlung des Operetten-Klassikers. Lang und breit lamentiert Adele (herrlich bockig Kathi Gudmundsson) ihr beschwerliches Dienstbotinnen-Schicksal, wo sie doch so gerne auf die Feier von Prinz Orlofsky gehen würde. Immer wieder bezieht sie die Kinder ein und stellt ihnen Fragen. Laut überlegt sie sich Notlügen und schmiedet Komplotte mit den Jüngsten, ehe sie prompt von ihnen an Rosalinde (stimmstark Yvonne Moules) verpetzt wird.

Vor allem eingangs wird großen Wert auf Erklärungen gelegt und die Darsteller*innen beweisen Engelsgeduld. Auch wenn Teile des Publikums mit zunehmender Dauer stellenweise unruhiger werden (oder es in seltenen Fällen auch tatsächlich die gesamten sechzig Minuten sind…), tut das der guten Laune beziehungsweise Spiel- und Sangesfreude auf der Bühne keinen Abbruch. Dabei werden immer wieder zeitgenössische Einsprengsel bemüht. Der angeheiterte Gefängnisdirektor Frank (humorig Christian Katzer, der auch spontan improvisiert) erzählt von einer einsitzenden Elsa, die zu viele Schneebälle geworfen hat; als Prinz Orlofsky (Gerda Lischka stimmlich stark und im quietschorangem Hemd) zur Party bittet, ziert ein großes Batman-Logo die Einladungen. Gleichzeitig stürmen Gabriel von Eisenstein (wunderbar klar Maximilian Kiener-Laubenbacher) und Dr. Falke (voluminös Einard Gudmundsson) das Publikum und fordern zum fröhlichen Mittanzen auf. Das kommt an. Ungestüm leeren sich die Reihen von den Jüngsten, die gut gelaunt mit den Großen zu einer improvisierten Polka im Kreis hüpfen.

Der Übergang ist fließend. Spielerischer Input und Plot-Präsentation wechseln sich mit gewohnten Strauss-Melodien ab. Da dürfen dann auch voluminös und versiert kleine Ränke geschmiedet oder von den Freuden des Champagners geschwärmt werden. – Das ist er dann auch schon wieder, dieser vielversprechende Punkt, an dem neue erste Erinnerungen geknüpft werden. Auch wenn sich Jahre später vielleicht niemand mehr genau an Handlung oder Ort erinnern wird, Musik und Eindruck bleiben. Und beides wird von den Salzburger Kinderfestspielen und ihren Mitwirkenden wunderbar vermittelt.

 

Fotonachweis: Erika Mayer & Kinderfestspiele

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