Wer hat an der Uhr gedreht? Vorgestellt: Ben Pascal
Er schreibt Stücke in einer Regelmäßigkeit wie andere ihr Tagebuch führen. Auf einen Covid19 Beitrag wartet man von Ben Pascal dennoch vergebens. Viel lieber würde der Salzburger Kulturschaffende jetzt bitte gerne aus dem Covid-Paradies abgeholt werden.
Wo sind sie geblieben, die MacGyver dieser Welt? Die, die einen Fahrrad-Platten mit Kaugummi flicken. Die, die auf jede verschlossene Tür eine Antwort wissen. Wer sie schon schmerzlich vermisst, muss nur genauer hinsehen. Sie sind mitten unter uns: Ben Pascal ist einer von ihnen. Statt auf abgewetzte Lederjacke und 80iger Jahre Frise setzt der Salzburger auf Kultur und Köpfchen. Ben Pascal ist Schauspieler, Regisseur, Autor, Musiker und Tänzer und hat obendrein noch einen Doktor in Philosophie. Auf seine Vielseitigkeit angesprochen, erklärt er bescheiden, „eigentlich sehe ich mich nicht als Allrounder, sondern als jemand, der vieles probiert und dann ausgeschlossen hat. Und irgendwann (so ich hoffentlich beim Theater/ Film bleibe) wird wohl auch die Entscheidung zwischen Regie und Schreiben kommen.“
„Wenn es mir schlecht ging, wollte ich spielen, wollte jemand anderer sein.“
Seinen kreativen Weg schlug der Salzburger schon recht früh ein. Mit der Bühne kam er in der Kindheit in Kontakt. Dann folgte eine Pause. „Mit 16 begann ich mit Breakdance, wollte so auch dem Theater entkommen, fand dann aber – ironischerweise – genau dadurch wieder zum Theater zurück. Erst als Tänzer, später als Schauspieler. Schauspiel war dann eine Zeit lang eher eine Kompensation für mich. Wenn es mir schlecht ging, wollte ich spielen, wollte jemand anderer sein. Im Nachhinein betrachtet durchaus ungesund. Irgendwann begann ich zu Schreiben, wobei ich eigentlich bereits mit 10 Gedichte schrieb. Es folgten Kurzfilme, dann Theaterstücke. Und tatsächlich wurde eines aufgeführt. Das gab mir Kraft und Mut mehr zu schreiben und diese Stücke auch gleich zu inszenieren.“
Täglich grüßt das Murmeltier
„Ich habe einen recht strukturierten Tagesablauf, da ich es gewohnt bin Zeiten zu haben, in denen wenig los ist, ja solche Zeiten sogar für mich notwendig sind (wenn auch so lange eine definitive Ausnahme darstellt). Ich stehe jeden Tag etwa zur gleichen Zeit auf (Ausnahme Wochenende, damit ich weiß, dass Wochenende ist). Am Vormittag schreibe ich meistens. Am Nachmittag steht Lesen auf dem Programm, danach Laufen und am Abend schaue ich oft Film oder Theaterübertragungen, da zur Zeit einige extrem gute Theaterstücke (Berlin, Hamburg) gezeigt werden. Ich koche auch jeden Tag, gehe für mich und Nachbarn einkaufen, hab ein paar Blumen und ein bisschen Gemüse angepflanzt. Ziemlich spießiges Leben 🙂 Wenig Abwechslung.“
Bonus Schreibaffinität
Mit was er sich aktuell am meisten identifiziere? „Schreiben, ganz klar. Ich inszeniere auch sehr gerne, sehe mich aber am ehesten als ein Regisseur, der eigene Texte (auch Bearbeitungen) umsetzt.“ Das war nicht immer so. Ben Pascal über die Zeit, als die Welt plötzlich zum Stillstand kam. „Ganz zu Beginn hatte ich einen Schockstarre, konnte kaum etwas machen und habe in dieser Phase ausgiebig geputzt. Die Küche war wohl lange nicht mehr so sauber. Mittlerweile ist alles wie immer. Regelmäßiges Putzen, aber nicht mehr als sonst. Und die Zeit ist gar nicht mehr geworden, das will sie uns nur weismachen. Warum, das versuche ich noch rauszufinden.“
Corona-Pause dringend erbeten
„Ich habe vor zu Schreiben, bis ich wieder mit Proben beginnen. Und wenn das noch ein Jahr dauert, soll es so sein.“ Da müsste doch eigentlich auch ein eigenes Covid19 Stück drin sein. Egal ob über das Toilettenpapier-Mysterium oder lange Schlangen vor den Baumärkten? „Ich habe begonnen, jetzt nervt es mich aber. Wenn das alles hier vorbei ist, was auch immer das bedeutet, würde ich gerne nichts mehr von Corona hören. Klar wird man künstlerisch Bezug darauf nehmen und natürlich gäbe es ein paar naheliegende Themen, die man komödiantisch oder auf tragische Weise umsetzen könnte, aber zur Zeit habe ich da keine Lust drauf. Aber wer weiß, was noch kommt.“
Abwarten und Gin Trinken
Die einen zeigen sich inspiriert, die anderen deprimiert. Ben Pascal fand einen Mittelweg – und das nicht nur, weil hin und wieder schon ein Gläschen Gin helfen könne. „Akzeptieren ist sicher gut. Annehmen, dass es ist, wie es ist, und sich auch wieder ändern wird. Wie eine lang ausgedehnte Meditation.“ Noch ist auch nicht gänzlich geklärt, mit was er nach Covid19 zuerst auf der Bühne stehen werde. Das liege daran, dass er noch nicht wisse, wann er wieder mit Menschen in einem Raum sein und proben dürfe. „Ein paar Stücke gäbe es, auch genaue Zeiten, aber ob das hält, wird sich zeigen. Grundsätzlich ist mein nächstes Projekt gerade das, womit ich mich beschäftige, konkret: Das Schreiben eines Film-Drehbuchs. Bis zum Sommer möchte ich auch noch an einer Theaterstück-Idee arbeiten (eine Komödie) und Regien vorbereiten, die ich dann (wann?) hoffentlich umsetzen kann/ darf.“
Fotonachweis: Ben Pascal
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eigenartig ist, dass menschen – auch inspirierte,- kreative menschen – bezug zu aktuellem finden wollen ,- vielleicht auch müssen. sei dies im kabarett,- theater und/oder in all den bereichen, in denen es um scheinbare entführungen aus der realität geht. ist das die essenz? braucht es diese „aufarbeitung“ von ereignissen wie flucht, mobbing, ausgrenzung oder eben covid? sie sind doch gegenwärtig, warum dann dieses „warm“ halten? fehlt es an geistigem galopp, andere fantasien zu leben, möglicherweise lebensfreude zu erfahren und nicht zum zig-tausendsten mal shakespeare zu hofieren. gerne hätte ich diese möglichkeit geboten bekommen – ich wäre ein recht eifriger besucher.
Vielen Dank für das Feedback! Bei dieser Seite handelt es sich um einen Kulturblog. Sprich, eigentlich wird dieses Medium mit meistens Theater- manchmal auch Musikrezensionen gefüllt. Das ist aktuell leider nicht möglich. Freilich könnte ich jetzt Produktionen aus dem Streaming-Repertoire bringen, aber ich dachte mir, es ist sinnvoller, doch die heimische, sprich Salzburger, Kulturszene zu unterstützen. Das funktioniert meines Erachtens, in einer Kulturwelt, die gerade zum Stillstand gezwungen ist, am besten mit Einblicken hinter die Kulissen. Was machen Künstler so, die nicht spielen können? Wie hat sich ihr Alltag verändert? Das mag der eine als „Aufarbeitung“ sehen. Ist es aber nicht. Es ist vielmehr ein Präsent Halten. Ein Präsent Halten der Salzburger Kulturszene, so lange die zum Stillstand genötigt ist. Ein besseres Kennenlernen der Leute, die diese Szene sind.
Warum also „warm halten“? Warm wird hier nichts gehalten. Aber ich werde kaum auf einer Seite, die eigentlich unabhängige Kulturrezensionen bietet, plötzlich lustige Kurzromane oder kluge Essays aus eigener Feder verbreiten. Das brächte den Blog von seinem Weg ab. Es tut mir also sehr leid, wenn die Portraits nicht interessieren, aber seien Sie gewiss: Andere Zeiten werden kommen. Und dann gibt’s hier auch ganz sicher wieder Rezensionen. Ansonsten sehe ich das wie Sie – ich freue mich immer über Positives. Und mitunter sind die Portraits auch recht heiter. Lassen wir uns überraschen, wer weiß, welche Perlen es noch zu entdecken gilt.
Liebe Grüße!